Kleines Theater am Südwestkorso | ||||
Ein Winter unterm Tisch, von Roland Topor Regie und Ausstattung Karin Bares Unterm Tisch kann es eine gemütliche Höhle geben, das weiß jedes Kind, und vermutlich hat auch den französischen Künstler Roland Topor eine derartige Erinnerung zu seinem Theaterstück "Ein Winter unterm Tisch" inspiriert, eine schräge Komödie über Dragomir, einen Sans Papières, einen illegalen Einwanderer, der nach Aufenthalten im Heizkessel oder in einer Friedhofsgruft Unterschlupf bei Florence gefunden hat, eben unter dem Tisch in ihrer kleinen Wohnung. Dort schläft, kocht und arbeitet der Schuster, während die Übersetzerin ihren Arbeitsplatz über ihm auf dem Tisch hat. Und weil beide arglose, diskrete Menschen sind, klappt das auch reibungslos: beide gehen ihrer Arbeit nach, als seien sie allein in der Wohnung, und wenn sie sich etwas zu sagen haben, wird vorher an die Tischplatte geklopft, von oben oder von unten. Der Schuster poliert Florence die alten Schuhe auf und hilft gelegentlich bei Übersetzungsproblemen, dafür darf er auch das Bad benutzen. Natürlich bleibt es nicht aus, dass sie sich näher kommen, es gibt schüchterne Annäherungsversuche von beiden Seiten, die aber vom anderen immer wieder abgeblockt werden. Das hätte ewig so weitergehen können, aber der Mensch ist ja nicht allein auf der Welt. Da ist Florences resolute Freundin Raymonde, die das Ganze un-möglich, wenn auch prickelnd findet und Florence den Kopf zurechtsetzen will. Und da ist Marc, der Verleger, dessen Bücher Florence ins Französische übersetzt und der ein Auge auf die reizende junge Frau geworfen hat. Und plötzlich taucht auch noch ein Cousin Dragomirs aus der Heimat auf, auch illegal und ohne Bleibe - was liegt näher, als dass er bei Dragomir "einzieht"? Schließlich kann man auch zu Zweit unter dem Tisch wohnen... Cousin Gritzka ist Musiker und spielt Gitarre, das bringt einen anderen Ton in die Idylle. Er ist auch nicht so schüchtern wie Dragomir, in den sich Florence aber längst verliebt hat. Schließlich bereitet Raymonde dem Treiben
ein Ende, um Marc den Weg zu ihrer Freundin zu ebnen und dieser eine
glänzende Zukunft zu sichern. Aber Florence hat den skrupellosen Egoisten
durchschaut und weist ihn ab. Allein und einsam bleibt sie in ihrer
Wohnung zurück und zerlegt in einer furiosen Tanzpantomime den Tisch, das
Symbol vergangenen Glücks. Allein schon für diese Szene hätte Annette
Heimerzheim einen rauschenden Beifall verdient, aber der Berliner
klatscht, wenn das Stück zuende ist, basta! Und zuende ist es hier
natürlich noch nicht, es fehlt ja noch das Happyend! Das bleibt auch
nicht aus, wir haben es hier ja mit einer Komödie zu tun. Verraten wird
es jedoch nicht, es ist durchaus märchenhaft und wird nun am Ende
mächtig beklatscht. Sigrid Wiegand Weitere Termine: . |
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