Strahl Jugendtheaterwerkstatt Departure

Premiere der Nachtgestalten

Unter dem neugierig machenden Namen "NACHTGESTALTEN 24H7" wurde am Freitag, dem 13. Juni auf der THEATER STRAHL Probebühne ein Theaterstück in Kooperation mit junge vhs & co tempelhof-schöneberg uraufgeführt. Das zweiteilige Stück wurde von 13 jugendlichen TeilnehmerInnen der STRAHL-Jugendtheaterwerkstatt DEPARTURE frei nach Maxim Gorkys Drama "Nachtasyl" entwickelt und gespielt.

Das erste Stück, das etwa fünfzehn Minuten gedauert hat, konnte zweifelsohne überzeugen, sowohl wegen der schauspielerischen Leistung als auch in der Abstraktion der Übermittlung der Idee: es ging um die unfreiwillig an den Rand der Gesellschaft Verdrängten, eben die "Nachtgestalten", und eine Gesellschaft, die sie nicht haben will, und sie immer wieder ablehnt.

Der parallel im Hintergrund laufende Film war eine schöne Ergänzung und Unterstreichung der sehr gekonnten schauspielerischen Leistungen der jugendlichen Akteure.

Es wurden Probleme wie Dreieckskonflikte, Konkurrenzkämpfe und Beurteilungsgewohnheiten in der Gesellschaft behandelt.

Das zweite Stück, das nicht nur fast drei mal länger war, sondern auch, im Gegensatz zu dem ersten, das Mittel der Sprache benutzt, blieb leider hinter den Erwartun-gen zurück, die Idee (abstrakt oder konkret), zu vermitteln.

Randgruppen, die hier präsentiert wurden, waren keine verbitterten Gestalten, die unter der Verdrängung an den Rand litten, sondern Figuren, die vergnüglich ihre Lachnummer-Daseinsrollen in der Gesellschaft zu erfüllen hatten:
Der in ein rosa Satin-Jäckchen gesteckte und mit einem Kamm dauernd sich kämmende Homo-sexuelle hatte kein Leid gezeigt, das von einer Wahrnehmung der Verdrängung gesprochen hätte, sondern er hatte (wie üblich klischeehaft) mit fast weiblichen Arm- und Pobewegungen zusätzlich zu seiner Kämmparade zur Belustigung der Zuschauer beigetragen (man fragt sich nebenbei: wie lange noch werden auf Kosten der Homosexuellen heitere Momente produziert und die einfachen Geh- und Sprechgestiken mancher von ihnen von den Heteros lächerlich und belustigend empfunden, wobei heutzutage Stars wie Heidi Klum und Co. stundenlang im Fernsehen gerade diese Gestiken jungen Frauen "beizubringen" versuchen?!)

Eine andere interessante Figur in dem Stück war die Prostituierte, die mit einem heiteren Gesichtsausdruck von ihren Arbeitsereignissen erzählte, und der Zuschauer konnte weder wirkliches Leid noch echte Bitterkeit von ihr erfahren, die betroffen machen konnte.

Das zweite Stück war in seiner Gesamtheit eher eine gut gemeinte, zum Teil mit intelligenten Sätzen besetzte, Kollage von einzelnen Szenen, die zwischen Abstraktion und Konkretisierung hin und her gerissen waren und zusammen kein Ganzes gebildet haben.

Deshalb konnte die kompakte Idee, was es heißt, in die Dunkelheit der Gesellschaft verdrängt zu werden, ohne es zu wollen; nämlich "Nachtgestalten" zu sein mit allen dazugehörigen seelischen Qualen, nicht vermittelt werden.

Als Fazit über beide Stücke unter dem Aspekt, dass sie die Leistung von LaiendarstellerInnen waren, kann man sagen: viel Erfolg versprechende Talente, wenn sie ihre im ersten Stück gezeigten Fähigkeiten ausbauen und die Klischees verlassen.

Nahid Stürzer

.
Juli 2008  Stadtteilzeitung