Menschen in der VHS

Veronika Urban, Modedesignerin

Schicke Designerklamotten entwerfen und sich im Jet Set der Haute Couture sonnen - das finden viele junge Leute im "Supermodel"-Zeitalter toll. Sich aber konkret unter den mehr als hundert Berufen des Mode- und Textildesigns zu orientieren, fällt Schulabgängerinnen oft schwer. Viele grundlegende Talente werden zudem an der Schule kaum entwickelt: Gefühl für Farben, Formen und Proportionen, aber auch handwerklich-künstlerische Fertigkeiten. Diese Lücke versuchen die VHS-Angebote von Veronika Urban zu füllen, die selbst eine Modedesigner-Powerfrau ist.

"Schon mit fünf Jahren stand mein Berufswunsch fest," sagt Urban über sich. Das Vorbild des Vaters, der als Schulleiter und Mathelehrer zugleich Bühnenbilder und Kleider für seine Frau entwarf, hat wohl nachgewirkt. Mit Mitte Zwanzig arbeitete Veronika Urban nach ihrem UdK-Studium schon an der Seite des Modedesigners Pino Lancetti in Rom. Ihre praktischen Design-Aufgaben wurden flankiert von Lehraufträgen in Berlin und der stellvertretenden Leitung einer florentischen Modeakademie. Fast wie nebenbei zog Urban vier Kinder groß, entwarf Theaterkostüme, Textilien und Berufsbekleidung, bestritt internationale Ausstellungen bis hin nach Shanghai und Kyoto und erhielt zahlreiche Designerpreise.

In ihrer VHS-Arbeit seit Ende der 70er macht es Veronika Urban besondere Freude, junge Leute zu motivieren, einen künstlerischen Mode-Beruf zu ergreifen. Die 15- bis 25-Jährigen werden im Kurs der Tempelhof-Schöneberger "jungen vhs&co." an die elementaren Bereiche des Zeichnens, der Schnittkonstruktion und Fertigungstechnik herangeführt, lernen aber auch viel über Textil- und Berufskunde. Der Stolz auf das erste eigene, selbst entworfene und gefertigte Stück ist groß - zugleich kommt die Erkenntnis, wie viel Arbeit selbst im "Billigfummel" aus dem Discounter steckt.

Das Zusammenwirken von Kopf, Hand und moderner Technik durchdringt heute immer stärker die Modebranche - in Veronika Urbans Biografie ist es wie selbstverständlich miteinander verknüpft: Seit gut einem Jahrzehnt ist sie zusätzlich in Multi-Media-Design ausgebildet, entwirft Webseiten und realisiert Grafikkonzepte. Für sie ist die weite Spanne zwischen Nähnadel und Computerklick kein Widerspruch: "Wie sonst soll man denn mit jungen Leuten kommunizieren, wenn nicht in neuen Medien?" fragt sie.

Dennoch sind ihr die alten handwerklichen Textiltechniken wichtig. So bietet sie im Juli einen VHS-Sommer-Kurs im künstlerischen Filzen an - intensive Handarbeit, die zu vielfältigen künstlerischen Ergebnissen führen kann. Spätestens seit dem legendären Hutträger Joseph Beuys kann sich das Material wieder in der neuzeitlichen Kunst sehen lassen. Das beweisen auch die drei gerahmten Filzobjekte, die Veronika Urban zur gegenwärtigen Kunstausstellung im VHS-Foyer beigetragen hat. "Versuch I bis III" sind sie betitelt und verweisen damit nicht zuletzt auf die immer neue Experimentierfreude ihrer Schöpferin.

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Juli 2008  Stadtteilzeitung