45 Jahre Städtepartnerschaft (Tempelhof-)Schöneberg - Bad Kreuznach

v.l.n.r. Sarah I., Carlo de Velten, Kurt Beck, Rüdiger Jakesch, Ekkehard Band genießen den Schöneberger Nahefreund Foto: Protz

Heute wieder lustig!

Die Landesvertretung Rheinland-Pfalz hat eingeladen, denn es gibt etwas zu feiern: 45 Jahre Städtepartnerschaft zwischen dem Landkreis Bad Kreuznach und Schöneberg - inzwischen samt Tempelhof, das ist natürlich vergleichsweise neu. Ich fürchte, die Tempelhofer werden davon noch nichts bemerkt haben, ebenso wenig wie ich übrigens. Denn wer von uns weiß schon, dass seit immerhin 25 Jahren auf dem Schöneberger Südgelände ein Weinberg existiert, unter der Obhut der Gartenarbeitsschule, angelegt und jährlich fachmännisch beschnitten von eigens angereisten Bad Kreuznachern. Ja, sie kommen sogar zweimal: Die erste Delegation kommt im Mai zum Schöneberger Spargelfest, wo sich die Weinregion Bad Kreuznach mit ihren Naheweinen präsentiert.

Dann begibt sich die aktuelle Weinkönigin - zur Zeit ist dies Sarah I. - mit ihren Eltern in den hiesigen Weinberg und knipst und stutzt, was die künftigen Trauben am prall und rund werden hindern könnte. Im Herbst kommen dann echte Winzer, schneiden die köstliche Frucht, bringen sie in eine Kreuznacher Kelterei und bauen sie zum echten „Schöneberger Nahefreund“ aus, der der beste Wein Berlins sein soll. Fachmännisches Urteil! Nun ja, immer im Vergleich zu den anderen Berliner Weinen gesehen, versteht sich.

Ich lausche und betrachte die Bilder der Partnerregion. Es wundert mich, dass umgekehrt die Schöneberger offenbar selten nach Bad Kreuznach kommen. Was haben wir den Bad Kreuznachern schon zu bieten? Schön ist es dort sowieso schon, und Berge haben sie auch, deutlich höhere als wir hier. Entwicklungshilfe, das muss es sein. Durch die Diashow führt Landrat Carlo de Velten. Er kennt jede der vielen vielen Personen auf den Bildern und stellt sie uns vor. Manchmal liest er uns auch die Bildunterschriften vor, das ist nett, man hat ja schon dem Kirschrother Lump zugesprochen. Sein Vorredner auch. Der sitzt als Staatssekretär und Chef der Landesvertretung hier in Berlin fest und muss den heimischen Wein besonders intensiv genießen, das ist sein Job. Seine einführenden Worte klangen deutlich beschwingt, weshalb ihm auch gleich das Titelzitat von Napoleons Bruder einfiel (der Zusammenhang ist mir entfallen); der jedenfalls konnte kein Deutsch, aber wenn er merkte, dass es ans Feiern ging, soll er "heute wieder lustig!" gefordert haben. Aber nicht mit uns! Wir widmen uns ernsthaft dem üppigen Büffet. Schon deshalb, weil nach all dem emsigen Mitschreiben der Herr Landrat bekanntgibt, jeder könne sich eine CD mit seinem Vortrag mitnehmen… Da muss ich gleich zweimal Nachtisch nehmen.

Derweil spielt eine Band der Musikschule Tempelhof-Schöneberg. Ha! Korrigieren Sie Ihr inneres Bild bitte gleich um etwa 20 Jahre nach oben. Ausgezeichnete gestandene Musiker spielen dort wunderbar tanzbaren Swing. Aber wir tanzen nicht. Mein diesbezügliches Ansinnen schlägt der Herr am Stehtisch neben mir leicht entsetzt ab. Schade. Ich komme aus dem Rheinland und weiß, dass dort Weinfeste ohne Tanzerei völlig undenkbar sind. Aber dies ist ja eine ernsthafte Jubiläumsveranstaltung, und da gibt es nichts zu lachen.

Eine Aussicht in die Zukunft? Bezirksbürgermeister Band war ja auch anwesend (Kurt Beck übrigens ebenfalls, aber er hat nur am Wein genippt und ist gleich wieder gegangen - aha!), gleich zweimal Ekkehard Band: Zuvor als Lichtbild und deutlich jünger als Schirmherr eines Kreuznacher Raderlebnistages und hoch im Sattel einer Draisine, die durch die besagte schöne bergige Naheregion fährt, 40 Kilometer lang. Vielleicht ist er deshalb schon länger nicht dort gewesen - einfach zu anstrengend auf Dauer, diese Partnerschaft.

Nun spricht die Weinkönigin zu uns. Sarah I. sagt, Beziehungen müssten nun mal auf menschlicher Ebene gepflegt werden, dass sei wie im Leben, und ich denke mir, wenn man sich nur ein-, zweimal im Jahr sieht, dann wird das schon werden mit den nächsten Jubiläen. Die Menge klatscht ein einziges Mal während all der Reden, nämlich als von der Brauerei die Rede ist, die das Bier gespendet hat. Ich leere mein Glas Wasser und verlasse die gastliche Stätte.

Hessen, schräg gegenüber, hat seine Weinreben mit drei Metern Abstand entlang der Baugrube des Nachbarn angepflanzt. Ich erkenne fachfraulich, dass das nichts werden kann. Die sollen mal lieber die Gartenarbeitsschule besuchen! Aber ganz im Ernst: Die schöne Nahegegend da, und so nah bei Frankreich… Man sollte wirklich mal hinfahren!

Sanna von Zedlitz

www.stadt-bad-kreuznach.de

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