Die Steglitzer Radrennbahn
Im ersten Verwaltungsbericht der
Landgemeinde Steglitz von 1911 heißt es auf Seite 525 unter 9.
"Lustbarkeitssteuer":
"Die Errichtung einer Radrennbahn in Steglitz im Jahre 1904 machte
eine Neufassung der Lustbarkeitssteuerordnung notwendig. Die neue Ordnung
vom 7. Juni 1905 erhielt am 22. August 1905 die Genehmigung des
Kreisausschusses. Während die bisherige Ordnung für jede Lustbarkeit
feste Steuersätze vorsah, findet die Erhebung nach der neuen Ordnung bei
solchen Lustbarkeiten, zu denen Eintrittskarten ausgegeben werden, in Form
der Billetsteuer statt.
Infolge der Errichtung der Radrennbahn stieg der Steuerbetrag von 2471
Mark im Jahre 1904 auf 7614,20 Mark im Jahre 1905 und 15629 Mark im Jahre
1906. Die Lustbarkeitssteuer stellt somit gegenwärtig eine nicht
unerhebliche Einnahmequelle für Steglitz dar, die außerdem den Vorteil
hat, daß sie die Steglitzer Einwohner fast gar nicht belastet, da die
Besucher der Rennbahn zum weitaus größten Teil Auswärtige sind."
Wo war denn eigentlich diese Radrennbahn
in Steglitz?
Im Verwaltungsbericht heißt es auf S.478 unter 4. "Sportpark
Steglitz." weiter:
"Mitte Juni 1905 wurde auf dem Gelände der Berliner
Bau-Aktiengesellschaft an der Körnerstraße von dem Direktor Knorr die
Anlage eines Sportparks mit einer Radrennbahn begonnen. Die Bahn, die am
3. September desselben Jahres eröffnet wurde, ist 500 m lang, in der
Zielgerade 12 und in der gegenüber liegenden Seite 10 m breit. Die Sitz-
und Stehplätze fassen ungefähr 12.500 Zuschauer. In dem aus Mauerwerk
bestehenden, festen Unterbau der Kurven liegen die Kabinen für die
Rennfahrer. Unter der südlichen Kurve führt ein Durchgang nach dem
Innenraum, wohin die Zuschauer, ohne die Fahrbahn zu beschreiten, gelangen
können. Auf der an der Eisenbahn gelegenen Seite der Rennbahn stehen drei
Tribünen, in deren festen Unterbau sich die Wohnungen der Angestellten
des Sportparks sowie Schankräume befinden. Auf der anderen Seite, den
Tribünen gegenüber, sind drei weitere Ausschankhäuschen sowie an der
Nordkurve ein Werkstattsgebäude errichtet. Im Frühjahr und Herbst, der
Zeit, in der keine Rennen abgehalten werden, wird der In-nenraum der Bahn
von Fußballvereinen zu ihren Spielen und Wettstreiten benutzt. Außerdem
sind noch im Sportpark 25 Tennisplätze vorhanden."
Die Radrennbahn befand sich nördlich der
Bergstraße und hatte von hier aus einen Zugang im Bereich der
Körnerstraße. Durch die Planung des "Bismarckviertels" wurde
der Pachtvertrag der Terraingesellschaft für das Gelände des Sportparks
zum 01.10.1910 nicht mehr verlängert, so dass eine neue Sportanlage
östlich des Bahnhofes Lichterfelde Süd entstehen sollte. Baurat Richard
Tietzen lehnte jedoch das Vorhaben am 27.01.1917 ab, weil die "mit
einem derartigen Betriebe verbundenen Umstände dem Charakter unseres
Ortes zuwiderlaufen."
Von den enormen Zuschauerzahlen
profitierten an den Wochenenden vor allem auch die Gastwirte, was sich bis
nach Südende auswirkte (z.B. Müllers Festsäle in der Berliner Straße,
heute Sembritzkistraße, leider nicht mehr vorhanden), denn nach den
Sportveranstaltungen vertrat man sich gern noch die Beine und setzte sich
anschließend gemütlich hin.
Heute erinnert nichts mehr im Stadtbild an
diese interessante Sportstätte, die auf einem Plan "Berlin -
Steglitz und Umgebung um 1907" ovalförmig als "Sportplatz"
verzeichnet ist, mit seinem nordwestlichen Rand dicht an der Potsdamer
Bahnlinie, unweit der Stelle, wo heute die Lothar-Bucher-Straße auf die
Körnerstraße trifft.
Wolfgang Holtz
Erinnern Sie sich noch?
Im letzten Jahr fand das Straßenfest „Lern mal Deine Nachbarn
kennen“ in der Lothar-Bucher-Straße statt. Auch dieses Jahr soll
es wieder ein Straßenfest geben: am Samstag 20.09.2008 von 14 bis
18 Uhr. Das Veranstaltungsteam plant als einen Beitrag eine
Schautafel zur geschichtlichen Entwicklung des Kiezes - mit Ihrer
Hilfe.
1907 soll hier eine große
Radrennbahn ein viel besuchter Ort gewesen sein. Danach entwickelte
sich Steglitz schnell. Wie lebte man hier in den vergangenen 100
Jahren?
Wir würden uns freuen, wenn Sie uns über Ihr Leben und Ihre
Erfahrungen aus den letzten (50) Jahren hier im Norden von Steglitz
Geschichten erzählen können, vielleicht haben Sie auch alte Fotos,
die den Wandel der Kiezumgebung wiederspiegeln.
Wir planen zur Vorbereitung auf das
Kiezfest eine "Geschichtswerkstatt". Wer Interesse hat,
ist herzlich eingeladen, bei regelmäßigen Treffen, Informationen
für eine Schautafel zusammen zu tragen. Wir freuen uns jedoch auch,
wenn jemand für die Treffen keine Zeit hat und trotzdem seine
Erinnerungen beiträgt.
Wir laden Sie recht herzlich zum nächsten Treffen ein: am 22. Mai
2008 ab 18:00 Uhr in das Café in der JeverNeun, Jeverstraße 9 in
Steglitz.
In der Hoffnung auf ein erfolgreiches Straßenfest 2008 grüßt Sie
ganz herzlich das Veranstaltungsteam (GBSt, Lukasgemeinde, JeverNeun,
VHS)
Kontaktadresse:
Jugend- und Familienzentrum JeverNeun
Jeverstraße 9, 12157 Berlin
Telefon: 79 74 78 04
hanne.voget@nachbarschaftsheim-schoeneberg.de
Eine Dokumentation der bisher
gesammelten Dokumente zur Geschichte des Stadtteiles zeigen wir
Ihnen im Internet unter www.jever9.steglitz.de. |
.
Mai 2008 Stadtteilzeitung
< Inhaltsverzeichnis
|