Von Heimat und anderen Gefühlen | ||||
In Friedenau daheim - in Berlin zu Hause Friedenau - ein Ort und ein Wort zugleich - vertraut wie kaum etwas anderes. Das Wort, weil es - zu Hause durch meine
Eltern und deren Verlag so oft genannt - mir schon fast zum Halse heraus
hängt. Und der Ort... Dann könnte man sich aber genau so gut am Ku'Damm bei McDonadls zu Hause fühlen. Es muss also etwas Anderes sein. Es ist die Umgebung, die Straßen, Plätze,
Geschäfte und die kleinen Vorgärten, die einem einen Vorgeschmack geben,
auf das was einem hinter der Haustür der nächsten Altbauwohnung
erwartet. Es sind die Menschen, die Geschichten - das Gefühl, auf
knarzenden Holzdielen zum Fenster zu laufen, den Kopf rauszustrecken und
sonst nichts zu hören, außer liebliches Vogelgezwitscher und das
Kleinkindgeschrei von nebenan. Das Gefühl von Heimat. Wenn ich dann etwas erleben und entdecken will, nehme ich die Bahn und bin in 10 min. im Zentrum, wo die Welt von morgen lebt. Aber wirklich wohnen möchte ich dort nicht, zumindest jetzt noch nicht, vielleicht dann doch wirklich erst morgen. Heute lebe ich in Friedenau, wo man sich geborgen ausruhen und ein Nickerchen machen kann. Wenn ich dann richtig aufgewacht bin, will ich die Welt mehr kennenlernen. Dann will ich, wenn ich mal wieder den Kopf aus dem Fenster strecke nicht die Mama sehen, die in der Wohnung gegenüber das Abendessen kocht, sondern die weite Ferne und den Horizont mit all seinen ganzen Ecken und Kanten. Falls ich dann „kein Bock“ mehr hab, nehm' ich einfach die Bahn und fahr wieder zurück nach Hause - nach Friedenau. Sonja Weissberg . |
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