Ulica aus der Kifrie-Musiketage

Friedenauer Straßenmusik

Eine der erfreulichsten Errungenschaften der Menschheit ist die Musik. Zunächst vermutlich im Zusammenhang mit kultischen Handlungen entstanden, konnte sie sich bald von der Huldigung von Göttern oder Königen lösen und dient heute - ja, dient sie überhaupt noch, oder beschenkt sie uns nicht vielmehr? Wie schön, dass es Orte gibt, an denen jungen Menschen beigebracht wird, dieses Geschenk sich selbst und anderen zu machen. Beispielsweise in der Kifrie Musiketage am Vorarlberger Damm 1, und das für so wenig Geld, dass man sich wundert, dort nicht große Menschenmengen Schlange stehen zu sehen.

Dort kommt die Band Ulica her, die die Jubiläumsfeier unserer Stadtteilzeitung im September ordentlich in Schwung brachte. Ulica (die Band spricht sich ULIKA aus), das bedeutet auf Russisch Straße. Nun heißt das nicht, dass es sich hier um eine Bande von Straßenkindern handelt, die von den Leiterinnen Jenka Bühler und Anja Jenatsch für die Musik gerettet wurden. Der Name kam natürlich von der Idee der Straßenmusik, aber nur insofern, als alle Instrumente ohne elektrische oder elektronische Verstärkung auskommen, wenn sie schwungvolle Melodien und mitreißende Rhythmen aus der ganzen Welt spielen. Musik machen, wann und wo man dazu Lust hat - das ist der Gedanke. Selten aber trifft man auf so große Bands wie Ulica (als nächste fallen einem höchstens die 17 Hippies ein, aus deren Repertoire eines der Lieder von Ulica stammt - mit Genehmigung, versteht sich!).

Vier Gitarren (Lea M., Maximilian Schadow, Matteo Barutzki und Antonio Hartung), zwei Saxophone (Aylin Öztürk und Samuel Robert), eine Geige (Paula Zöhl) und Frederik Hartung mit seiner Cayun, einer Art Kiste, auf der man sitzt, während man sie mit den Händen schlägt, proben jeden Mittwochabend und arbeiten zur Zeit an 10 Stücken, die im nächsten Jahr auf einer CD veröffentlicht werden sollen. Einen Tontechniker haben sie schon, findet sich auf diesem Wege vielleicht noch ein Tonstudio? Nicht schlecht wären daher ein paar Auftritte mit höherer Gage als Kost und Logis, um das Album realisieren zu können, denn bis auf den wie man hört vielbeschäftigten - also berufstätigen - Antonio sind alle Bandmitglieder noch Schüler. Das Durchschnittsalter liegt bei 19 Jahren.

Als ich die Band das erste Mal hörte, dachte ich, sie müssten schon seit unglaublich langer Zeit zusammenspielen, aber nein: Zwischen Februar und Juni letzten Jahres gesellten sich zu Aylin und den Brüdern Hartung, die schon vorher zusammen gespielt hatten, die übrigen Musiker. Anja Jenatsch leitete die Band zunächst an, steuerte Melodien bei und half bei den Arrangements, spielte auch selbst mit. Inzwischen konnte die Band in die Selbständigkeit entlassen werden und organisiert nun alles selbst. Denn da sind noch andere Gruppen, die mit den Musikern und Musikerinnenn von Kifrie zusammen spielen lernen - mit 9, 10 Jahren kann man hier anfangen.

Wer mal ausprobieren will, ob das was für ihn oder sie wäre, kann in allen Ferien an Workshops teilnehmen, aber auch laufend in die aktuellen Bands einsteigen. Wie ich höre, werden Keyboarder gesucht! Vorkenntnisse sind nicht so wichtig - oft lernt man etwas ja auch viel leichter, wenn klar ist, wofür es benötigt wird. Also gleich mal hin und ein paar fetzige Gitarrenriffs gelernt! Denn wer keine Lust hat, gleich einer Band beizutreten, kann bei Kifrie in kleinen Gruppen Gitarre oder Schlagzeug lernen, und das für 40 € im Halbjahr.
Zurück zu Ulica. Aylin spielt ihr Saxophon doch sicher schon von Kindesbeinen an und übt sich täglich die Finger wund? Wieder falsch: Sie besitzt das Saxophon (wie Sie in einem meiner vergangenen Artikel gelernt haben, handelt es sich um ein Holzblasinstrument) erst seit Anfang letzten Jahres und spielt es jetzt schon souverän. Bei so viel Talent, nicht nur musikalisch, sondern auch bei der Selbstdarstellung auf der Bühne, fragt man natürlich nach den Zukunftsüberlegungen. Aber auch hier werde ich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Keine Blütenträume von Musikerkarrieren im Glamour. Allen scheint nur zu klar zu sein, wie lang und dornig dieser Weg sein würde. Andererseits, wer weiß, man kann ja auch noch später, als sagen wir mal Steuerberater, irgendwann das Ruder herumreißen...

www.ulicamusica.de;
Kifrie Musiketage
Vorarlberger Damm 1
Tel. 855 10 91
www.nachbarschaftsheim-schoeneberg.de

Sanna v. Zedlitz

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November 2008  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis