Menschen in der VHS Tempelhof-Schöneberg

Jaime Tadeo Mikan
Ein Nachruf

Der Schauspieler und Tänzer, Choreograf, Regisseur und Schauspielcoach Jaime Tadeo Mikan ist am 11. August 2008 im Alter von nur 46 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit überraschend gestorben.
Die Volkshochschule Tempelhof-Schöneberg, an der er seit mehr als zehn Jahren tätig war, nimmt betroffen Abschied von einem begeisterten und begeisternden Theaterpädagogen, der uns mit seiner Theaterwerkstatt "Molino" immer wieder eindrucksvolle Aufführungen präsentierte. Noch im Juni hatte er mit seiner Gruppe die Voraufführung von "Makura - eine Traumwanderung" herausgebracht, eines an die Tradition des japanischen Nô-Theaters angelehnten Spiels.

Jaime Tadeo Mikan, geboren im kolumbianischen Bogotá, wechselte nach dem frühen Tod des Vaters vom Architekturstudium in eine Ausbildung beim Ballett Nacional de Colombia, mit dem er später Tourneen durch Nord- und Südamerika, den Mittleren Osten und nach Europa unternehmen sollte. So kam er als Tänzer ins Vorwende-Berlin und blieb der Liebe wegen in der Stadt. Er choreografierte hier lateinamerikanische Tanz- und Theatergruppen und wandte sich immer mehr dem Theater als der noch universelleren, "welt-bedeutenden" Kunst zu.

Parallel zu einem Studium der Theaterwissenschaft arbeitete Mikan als Schauspieler, Choreograf und Regisseur in diversen Inszenierungen von freien Bühnen bis zum Staatstheater sowie in Filmen. 1989 gründete er die Theatergruppe "Taller Teatral Berlin" und stand auch weiterhin als Tänzer auf der Bühne, so z.B. in Harry Kupfers "Carmen" in der Komischen Oper 1992. Ende der 90er Jahre nahm die Lehrtätigkeit einen immer breiteren Raum in seinem Leben ein. Neben den VHS-Kursen und eigenen Gruppen unterrichtete Mikan auch Profi-Schauspieler am Institut für Schauspiel ISFF, beim Bundesverband Theaterpädagogik sowie an der Starter Schauspielschule.

Seine Schüler erlebten ihn als charismatischen, dennoch bescheidenen und geduldigen, optimistischen und einfühlsamen, stets jedem Menschen zugewandten Lehrer. Sie erinnern sich an Jaime Tadeo Mikan als neugierigen, philosophisch vielseitig interessierten und inspirierenden Menschen, der im Theater viel mehr sah als bloße Spielerei oder Publikumsunterhaltung. Die Bühne war für ihn das pure Leben - darin seinem großen Regisseursvorbild Peter Brook folgend.

In Ausdeutung des Bildes von der Welt als Bühne definierte Mikan sich selber einmal so: "Meine Rolle ist "der Leiter". Ich spiele, dass ich Bescheid weiß. Mein Geheimnis ist, dass die Spieler die ganze Menschheitsgeschichte in ihren Herzen gespeichert haben und sich mit genug Vertrauen daran erinnern können. Mein Gewinn ist, dass sie in Wirklichkeit meine Lehrer sind."

Am 29. August wurde Jaime Tadeo Mikan in einer bewegenden Trauerfeier von Familie, Freunden und Weggefährten auf dem alten Matthäus-Kirchhof in Schöneberg verabschiedet. Die Mitglieder seiner Theatergruppe "Molino" verabschiedeten ihn mit dem Satz: "Jaime, heute trägt jeder von uns Dein Licht in seine eigene Welt."

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Oktober 2008  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis