Schönebrger Pflänzchen | ||||
Der Kleistpark
Zufriedenheit im unserem Bezirksamt: Die gartendenkmalpflegerischen Arbeiten im Kleistpark sind fertiggestellt, die Anlage erstrahlt in neuer/alter Pracht! Auch die Kolonnaden sind vollständig restauriert worden. Zeit also, sich an die Geschichte dieser städtebaulichen Schmuckstücke zu erinnern: Küchengarten und Experimentierfeld Doch zurück zum Großen Kurfürsten: Seine Spazierritte führten ihn auch nach Schöneberg, wo auf dem Gelände des heutigen Kleistparks Hopfen angebaut wurde (Bier is´ ooch Stulle?). Sein Hofbotaniker Dr. Elßholz (nun wissen Sie, wer Namensgeber der anliegenden Straße war) wurde beauftragt, dieses etwa sieben Hektar große Gelände zum Hof- und Küchengarten umzugestalten. Hier sollte modellhaft ausprobiert werden, was später in der ganzen Provinz verbreitet werden sollte. So ist hier der erste Standort für botanische Forschung in Preußen entstanden. Im 18. Jahrhundert war der "Königliche Botanikus", Professor Gleditsch (noch ein Straßenname), mit der Leitung der Anlage betraut. Adelbert von Chamisso Trotz seines Erfolges als Schriftsteller
waren die (sich erst entwickelnden) Naturwissenschaften sein Hauptgebiet,
er studierte Botanik, Zoologie und Medizin. 1815 brach er zu einer
dreijährigen Weltreise auf und brachte eine Sammlung von 2500
getrockneten Pflanzen und Sämereien mit, zum Teil völlig unbekannte
Arten. Seine Dienstwohnung lag gleich gegenüber, auch sein Privatleben ist überliefert: Erst eine leidenschaftliche Liebesheirat mit Antonie Franziska Piaste, dann eine große Ehekrise, wieder Versöhnung. Beide starben relativ jung und liegen in einem Ehrengrab auf dem Friedhof der Jerusalemsgemeinde am Halleschen Tor. Repräsentative Parkanlage Nun wurde hier in den Jahren von 1909-11 ein repräsentativer Stadtpark angelegt. Entwurfsverfasser war Albert Brodersen. Die stolzen Schöneberger (Bildungs-) Bürger beschlossen zum 100. Todestag von Heinrich von Kleist (1777-1811), den Park nach ihm zu benennen ("Chamisso-Park" hätte ich passender gefunden). Das in den Folgejahren - kurz vor dem Ersten Weltkrieg - durch das Architekten-Team Paul Thoemer, Rudolf Mönnich und C. Vohl errichtete Gerichtsgebäude im neobarocken Stil ergänzt die Anlage wie ein Schloss, die Königskolonnaden wirken wie die Pförtnerhäuschen eines Feudalsitzes. Dabei hatten sie früher eine andere Funktion... Die Königskolonnaden hatten zu jenem Zeitpunkt schon ihre "Geschichte" hinter sich. Die 1777-80 von Carl von Gontard entworfenen und Georg Friedrich Boumann ausgeführten Gebäude gehören zu einem seinerzeit gängigen Vorläufertypen der heutigen Einkaufsarkaden. Sie standen am Alexanderplatz und säumten die Königsstraße vor dem Königstor. Kleine Läden waren auf den straßenabgewandten Seiten angeordnet, so dass schon damals bei Regenwetter der Einkaufsbummel nicht ins Wasser fiel. Wie das so ist mit kleinteiligen Strukturen, irgendwann mussten die Kolonnaden einem größeren Gebäude, nämlich einem Wertheim-Kaufhaus, weichen. Über ihre spektakuläre Umsetzung wegen ihrer kunsthistorischen Bedeutung - feinstes Rokoko im Übergang zum Klassizismus! Griechische Gottheiten wie Hermes und Hygieia in Seehauser Sandstein abgebildet! - war seinerzeit (1910) mindestens so eifrig diskutiert worden wie über das Verschieben des Kaisersaals im Sony-Center in den 1990er Jahren. Nach der unendlichen Sanierungsgeschichte können wir uns wieder an dem Anblick der Kolonnaden erfreuen! Weitere zugezogene Kunst: Die beiden
Reiterstandbilder vor dem Gerichtsgebäude standen früher vor dem
Berliner Stadtschloss. Im Berliner Volksmund wurden sie "Der gehemmte
Fortschritt" und "Der beförderte Rückschritt" genannt.
Wenn man bedenkt, dass sie 1842 ein Geschenk des Zaren waren und so
vielleicht ein Symbol für die deutsch-russischen Beziehungen darstellen,
kann man sich auch andere Namen mit aktuellem Bezug ausdenken.... Marina Naujoks . |
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