Jugendliche aus den Partnergemeinden von Tempelhof-Schöneberg besuchen den Bezirk
Jugend tauscht sich aus

Anfang Juli kamen mehr als 37 Jugendliche nach Berlin, um die deutsche Hauptstadt und ihre Geschichte bei Besichtigungen, Spaziergängen und Vorträgen näher kennenzulernen. Das wäre weiter nichts besonderes, wenn es sich nicht um eine internationale Jugendbegegnung unter Federführung des Bezirks Tempelhof-Schöneberg handeln würde. Und so liefen eine ganze Woche lang junge Menschen zwischen 13 und 15 Jahren aus der polnischen Stadt Koszalin und aus Paderborn, aus Bad Kreuznach, aus Nahariya in Israel und Eschwege/ Werra-Meissner-Kreis gemeinsam und gut durchmischt durch die Stadt und legten dabei jene Neugier und Begeisterung an den Tag, die alle Fußschmerzen abends vergessen macht - unter denen hatten die erwachsenen Begleiter deutlich mehr zu leiden. Als ich die Gruppe nämlich nach einem langen Tag antreffe, ruhen sich die Betreuerinnen und Betreuer leicht erschöpft an der - ausschließlich alkoholfreien - Bar aus, während ihre Schützlinge unermüdlich die Tanzfläche der Jugenddiscothek "Pop-Inn" bevölkern. Aber glücklich: "Ein voller Erfolg!" schwärmt Harald Skär von der Kreisverwaltung Bad Kreuznach, der es sich nicht hat nehmen lassen, die Kreuznacher Gruppe als Betreuer zu begleiten. Geradezu aus dem Boden gestampft habe man die Aktion, beschlossen anlässlich des Jubiläums der Städtepartnerschaft Tempelhof-Schöneberg und Bad Kreuznach. Eine respektable Leistung für knapp zwei Monate Vorlauf.

Was hatte auf dem Programm gestanden bisher? Eine Bootsfahrt in Mitte, eine Stadtrundfahrt, das Jüdische Museum und das Holocaust-Mahnmal, der Potsdamer Platz und der Bundestag, die Zitadelle Spandau mit Fledermausführung, das Bayerische Viertel mit seiner Dauerausstellung im öffentlichen Raum zu den verschiedenen Aspekten der Judendiskriminierung im Nationalsozialismus, Diskussionen und Vorträge, Museumsbesuche; die Gedenkstätte Hohenschönhausen stand noch aus. Und das alles auf Englisch! Eine ziemliche Herausforderung an die Sprachkenntnisse der vergleichsweise sehr jungen Menschen. Aber man wächst ja an solchen Herausforderungen, und mir kamen von den Jugendlichen wenig Klagen zu Ohren.

An diesem Abend kamen die Schülerinnen und Schüler gerade aus dem Rathaus Schöneberg, wo die israelischen Jugendlichen als Teil des Rahmenprogramms zur Ausstellungseröffnung des Künstlers Yochanan Kishon einen Chorauftritt hatten - und morgens waren sie schon in der Nahariya Grundschule aufgetreten! Doch das Team von Frau Schuster, Frau Weidemann und Frau Thiele hatte immer wieder Erholungspausen eingebaut, um auch den erfreulichen Teil einer Stadterkundung nicht zu kurz kommen zu lassen. Zeit für einen Einkaufsbummel war ebenso eingeplant wie ein Besuch des Treptower Badeschiffs - falls das Wetter denn mitspielte… Oh, sagte übrigens Keren Shavit, eine der Betreuerinnen der Gruppe aus Nahariya, sie fänden das Berliner Wetter ganz wunderbar. So erfrischend! Sie werde bestimmt mit ihrer Familie einmal wiederkommen. Es hatte den meisten Teil der Tage genieselt… Aber das Wetter war natürlich nicht der Hauptgrund für ihr Entzücken. Besonders beeindruckend waren für sie die Zeugnisse und architektonischen Bauten der jüdischen Kultur in Berlin.

Was die Jugendlichen betraf, so lag ihr Interesse altersgemäß - wenn auch für mich nicht ganz erwartet - anderswo. "Die Fledermäuse!" und "Der Zoo!" hörte ich auf meine Frage, was denn am besten gefallen habe, am häufigsten, egal von welcher Nation. Und das, ehrlich gesagt, fand ich überaus sympathisch.
Ich konnte jedenfalls keinerlei Ermüdungserscheinungen feststellen. Im Gegenteil: Es wurde weiterhin kräftig demonstriert, in welchen Bereichen die Demokratie heutzutage ganz besonders weit fortgeschritten ist, nämlich in der Musik, in der Mo-de und - in der Liebe. Eine junge Polin vertraute mir kichernd an, sie sei mit ihrem Freund hergekommen, und sie hätten sich gleichzeitig in zwei israelische Jugendliche verliebt, und schließlich habe sich herausgestellt, dass jene zwei einander nur hatten eifersüchtig machen wollen!!! Und dafür hätte sie sich nun diese schönen neuen Schuhe gekauft!!! Deshalb hätte sie jetzt leider keine Zeit mehr, sie müsse sofort zurück auf die Tanzfläche und dann, mal sehen…
Ja ja, das kam mir doch alles sehr bekannt vor. Ich war ja schließlich auch mal mit der Schule in Berlin. Wir durften aber damals nicht tanzen gehen. Dennoch hatten wir mit den Jugendlichen aus den verschiedensten Teilen Deutschlands, aus der polnischen und der israelischen Partnerstadt noch etwas gemeinsam: Wir haben keine Berliner kennengelernt. Also: Beim nächsten Jugendaustausch die jungen Schöneberger nicht vergessen!

Jugenddiscothek Pop Inn
Ahornstr. 15A, Steglitz
www.popinn.de

Sanna v. Zedlitz

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September 2008  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis