Ausstellung in der Kirche „Zum Guten Hirten“

Station 3: Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz - Bildnis von Kurt Hammer

Der vierzehnfache Blick auf den Punkt


Am 1. Fastensonntag eröffnete Pfarrer Wenzel in der Kirche „Zum Guten Hirten“ am Friedrich-Wilhelm-Platz die Ausstellung einer Künstlergruppe vom bayerischen Ammersee, die sich an den überlieferten Formen des Kreuzweg-Gedenkens orientiert. Wie er in seiner Ansprache erläuterte, setzen die 14 Künstler der Gruppe die Geschehnisse an den 14 Stationen des Leidensweges in Beziehung zu ihrem eigenen Erleben, wobei jeder von ihnen „sein“ Stationsthema ausgewählt hat.

Wer also die zwei Meter hohen Stationsbilder an den Längsseiten der Kirche entlanggeht, erlebt vierzehn persönliche Sichtachsen. Am Beginn steht das Todesurteil. Es folgen die Kreuzaufnahme, der dreifache Sturz unter der Last, die Begegnung mit Maria, mit der hilfreichen Veronika, dem mittragenden Simon sowie den weinenden Frauen. Schließlich folgen die Aufteilung der Kleider, die Kreuzigung, der Tod sowie die Abnahme und Grablegung.
Die formalen Mittel der Darstellung reichen von der fast naiven und gefühlvollen Sprache über realistisch-figürliche Wiedergaben bis zu expressionistisch-surrealen Formen und der Reduktion auf grafische Elemente. Silvia Stein hat sogar eine textile Abstraktion versucht, die allerdings ihre ganz eigene Herausforderung hervorgerufen hat. Beim Aufhängen des Kunstwerks war das Untere zum Oberen geraten, was aber leicht zu verstehen ist. Denn eine einfarbig gesteigerte Betonung einer Verbandszeugreihung kann logischerweise mit dem Schwerpunkt oben oder unten gesehen werden, je nachdem der Hauptgedanke auf „Fall“ oder „Auferstehung“ gerichtet werden soll.

Durch die Anwesenheit der Künstler ergab sich die Gelegenheit zu erläuterndem Gespräch. So erklärte Kurt Bergmeier seinen surrealistisch mit maskenpuppenartigen Spöttern umstandenen „Sturz, zum dritten Mal“ mit dem Hinweis, er sei im Hauptberuf Architekt und habe hier sowohl in der Form als auch im Inhalt mit großer Freude das Millimeterkorrekte seiner beruflichen Arbeit verlassen, um sich an der Frage auszutoben: „Sind wir nicht alle schon mal gefallen? Hin- oder durch-, rein- oder aus-“?

Der hauptberufliche Soziologe Georg Filser dagegen bewahrte sich auch in seiner Bildgestaltung den sozialempirischen Blick: Draußen vor der Wolkenkratzerstadt ist ein schemenhafter Mensch mit ausgebreiteten Armen im Aufschwung an ein Kreuz zu sehen, dessen Zeitungsbeschichtung die Sensationsgier von Medien und Menschen anklagt.

Eingerahmt war diese gedankenreiche Eröffnungsveranstaltung von musikalischen Darbietungen an Orgel, Cello und Querflöte. Die Entsetzensschreie in den sechs Solostücken für Flöte von Hindemith waren der deutliche Hinweis an die gebannten Zuhörer, dass auch die Musiker ihre Gedanken auf den Kreuzweg gerichtet hatten.

Die Ausstellung ist noch bis zum 26. April geöffnet und kann zu
den folgenden Zeiten besichtigt werden: Mo 18-20 h, Di-Do: 18 -21.30 h, Fr 15-17 h und 18-20 h, Sa 14-16 h, So 13-15 h, sowie zu den Gottesdienstterminen.
Ottmar Fischer

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April 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis