Behindertengerechtes Schöneberg
Mit Barrierefreiheit in den demografischen Wandel

Wie ein größerer Teil von uns sicher schon selbst bemerkt hat, nehmen bei den meisten Menschen die körperlichen und leider auch die geistigen Fähigkeiten und Belastbarkeiten im Laufe des Lebens stetig ab. Was wiederum zur Folge hat, dass ganz normale Verrichtungen des täglichen Lebens anstrengender werden.

Jede Stufe ist manchmal zuviel, wenn Bewegungen mit zunehmendem Alter nicht mehr unbedingt als Grundbedürfnis wahrgenommen, sondern immer öfter auch als Mühsal, als anstrengend  empfunden werden. Aber auch unser Sehen verändert sich, nicht nur in seiner Stärke, sondern auch in seiner räumlichen Wahrnehmung.
Ich denke dann immer an diese Anzüge, die wie Raumanzüge aussehen und die, wenn man hineinschlüpft, einem die Lebenswirklichkeit eines älteren Menschen simulieren.

Für praktisch alles, was wir in unserem ganz normalen Alltag erledigen wollen, müssen wir mit zunehmendem Alter immer mehr Energie aufwenden. Ein Grund dafür liegt auch in unserer Umwelt, die bisher oft nur nach ästhetischen Gesichtspunkten oder das, was Architekten und Designer dafür hielten, gestaltet wurde und sich leider nicht immer an den Bedürfnissen der Menschen, die in ihr leben müssen, orientiert hat.
Da wurde dann z. B. bei öffentlichen Gebäuden der Bau einer teuren Natursteintreppe für wichtiger erachtet, als der Einbau eines Aufzuges, der aber auch mobilitätsbehinderten Menschen den selbstständigen Zugang zum Gebäude ermöglicht hätte. Und mit Mobilitätsbehinderten meine ich nicht nur Menschen mit lebenslangen Behinderungen. Denn das Leben eines jeden Menschen zeichnet sich durch unterschiedliche Mobilitätsphasen aus.

Angefangen beim kleineren Kind, das Probleme beim Treppensteigen und Erreichen von hohen Armaturen hat, über die Eltern, die versuchen mit einem Kinderwagen am öffentlichen Leben teilzunehmen bis hin zu den Menschen, die infolge eines Unfalls zeitweilig an Krücken gehen müssen oder im Rollstuhl sitzen und nicht zuletzt all Diejenigen, die wie schon erwähnt, einen größeren Teil ihres Lebens hinter sich haben. Uns alle eint doch wohl der Wunsch nach einer selbstbestimmten Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben.
Voraussetzung hierfür ist allerdings die Beseitigung von Barrieren, von baulichen, elektronischen und mentalen Barrieren. Wenn dies erreicht ist, wenn sich in allen Bereichen am sogenannten „Design for all“ orientiert wird, werden sich Menschen in allen ihren Lebensphasen und mit allen ihren großen und kleinen, zeitweiligen und lebenslangen Handicaps ihr ganz persönliches Leben einrichten können.

Die formalen Grundlagen hierfür wurden in Berlin bereits im Jahre 1992 durch den Senat mit dem Beschluss der Leitlinien zum Ausbau Berlins als behindertengerechte Stadt gelegt. Hier wurde erstmalig klargestellt, dass eine behindertengerechte bzw. barrierefreie Stadt eine Stadt ist, in der sich alle Menschen, egal ob jung oder alt, ob mit oder ohne Behinderung wohlfühlen können.

Dem folgte vor zehn Jahren das Berliner Landesgleichberechtigungsgesetz, das bezugnehmend auf diese Leitlinien darüber hinaus u. a. die Schaffung eines Landesbeauftragten sowie Bezirksbeauftragte für Menschen mit und ohne Behinderungen festschreibt und ihnen dementsprechende Beiräte zur Seite stellt.
Im Bundesgleichstellungsgesetz (BGG), das im Jahre 2002  folgte, wurde dann erstmalig die Herstellung von Barrierefreiheit in allen Bereichen des öffentlichen Lebens gesetzlich vorgeschrieben und zu Beginn diesen Jahres ist auch das Gesetz zur UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland in Kraft getreten.

Was diese gesetzlichen Grundlagen in unserem Kiez im Laufe der Jahre bereits bewirkt haben, wie sie beachtet und manchmal auch missachtet werden und wie sie sich insbesondere auf das tägliche Leben der Menschen mit Behinderungen auswirken, möchte ich von jetzt an regelmäßig berichten.

Veronika Schneider

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April 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis