Die Bestattung still geborener Kinder auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof

Der Garten der Sternenkinder auf dem Alten St.-Matthäus Kirchhof in Schöneberg. Foto: Thomas Protz

Der Garten der Sternenkinder


„Garten der Sternenkinder“ - das klingt nach Märchen, nach Sterntaler. „Sternenkinder“ meint Kinder, die während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt gestorben sind. Kinder, deren Leben erlosch, bevor es gelebt werden konnte.

Das Ziel der InitiatorInnen zum Garten der Sternenkinder war und ist, still geborene Kinder einzeln bestatten zu können - das war bisher in der Stadt Berlin nicht möglich. 80 kleine Grabstellen können hier für 20 Jahre gepachtet werden.
Verschiedene Künstlerinnen und Künstler haben ihre Entwürfe für die Gestaltung dieses besonderen Gartens vorgestellt. Metall ist als Material zu hart, Holz ist zu schnell vergänglich. Die Wahl fiel letztlich auf einen Entwurf mit Terrakotta - ein warmer rötlicher Farbton, ein weiches und formbares Material. Die Figurengruppe von Thekla Furch symbolisiert einen Engel, der diesen Ort schützt und bewacht.

Mehrere „Säulen“, die fest und zugleich offen wirken, stehen jeweils für sich und gleichzeitig  miteinander in Verbindung. Sie enthalten eine Vielzahl von Nischen in unterschiedlichen Größen und Formen - beim Näherkommen und Herangehen lässt sich in diesen Innenräumen viel entdecken: ein kleines Boot, ein Teddybär aus Ton... Da ist Raum für brennende Kerzen und auch Raum für Gedanken und Wünsche, die die Sternenkinder begleiten mögen.

Einige Zeit nach der Eröffnung hat ein Vogel sein Nest in eine dieser Nischen gebaut. Was für  ein schönes Symbol - Geborgenheit und Nestwärme.

Trauernde Menschen brauchen Raum, sie brauchen einen Ort für Ihre Gedanken und Gefühle.
Anne Schneider, deren Tochter verstarb, beschreibt das folgendermaßen:
„Dabei wurde uns - zu meiner großen Überraschung auch mir! - der Friedhof und dein Grab zu einem wichtigen Ort. Nicht dass ich glaube, du wärest in welcher Form auch immer an diesen Ort gebunden. Aber meine Erinnerungen an dich und meine an dich adressierten Selbstgespräche gewinnen dort eine besondere Dichte. Es ist, als könnten die Friedhofstore meine Alltagsgeschäftigkeiten und Alltagssorgen aussperren.“

Meine Erinnerungen an dich ...
Blicke in die Vergangenheit. Eltern still geborener Kinder sind voller Zukunftsbilder, voller hoffnungsvoller Möglichkeiten für ihr Kind. Visionen, die in diesem Leben niemals eintreten werden.

„So viel Zukunft gehört nun der Vergangenheit an, so viele Möglichkeiten sind ungenutzt geblieben. Ganze ungelebte Leben sind direkt - ungeöffnet - von der Zukunft in die Vergangenheit gekippt. Ja, Träume von früher. Wie es war und wie es fast gewesen wäre. Wie es hätte sein können, wie es hätte sein müssen, sein sollen. Es ist der leere Stuhl an unserem Tisch. Es ist der Kleiderhaken in der Schule, an dem kein Wintermäntelchen hängen wird. Es ist der kleine Platz an der Straßenecke, wo die Kinder sich treffen und keines vermisst wird.“- Gedanken und Empfindungen von  Pieter Frans Thomése, dessen Tochter bald nach der Geburt gestorben ist.

Der Abschied von einem verstorbenen Kind, der Abschied von verlorenen Zukunftsträumen  braucht und verdient Würdigung. Das Grab auf dem Friedhof kann ein Ort für lebendige Trauer sein - oder werden. Um so mehr, wenn die Gestaltungswünsche der Angehörigen nicht durch eckige Normen und strenge Vorschriften blockiert und behindert werden. Hier können Eltern eine Schatulle, in die das still geborene Kind gebettet wird, nach eigenen Vorstellungen selbst mit formen und gestalten. Individuelle Bilder und persönliche Symbole, die die Angehörigen innerlich erreichen, bringen den Prozess der Trauer ins Fließen. Momente von Trost und von Heilung werden möglich.

Der Garten der Sternenkinder öffnet Eltern und Angehörigen von still geborenen Kindern einen weiten Raum für ihre Trauer.

Dorothee Karle

Information und Beratung zum Garten der Sternenkinder:
Efeu e.V.
Tel. 20 61 55 20, Café finovo
www.efeu-ev.de
info(at)efeu-ev.de

Begleitung, Trauergruppen, Seminare:
Praxis für Trauer und Abschied - Dorothee Karle
Tel. 81 48 68 74
www.dorothee-karle.de

Veranstaltungshinweis:
So 13.12.2009, 14.30 Uhr
Alten St.-Matthäus-Kirchhof, Großgörschenstraße 12-14, 10829 Berlin-Schöneberg
Ein Licht geht um die Welt - 2. Sonntag im Dezember - Gedenktag für verstorbene Kinder
Unter dem Motto Worldwide Candle Lighting zünden Menschen auf der ganzen Welt am 2. Sonntag im Dezember um 19 Uhr eine Kerze für Ihre verstorbenen Kinder, Geschwister und Enkelkinder an und stellen diese Kerze ans Fenster. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so dass ein Kerzenband die ganze Welt umringt. So soll sich, durch die Zeitverschiebung, ein leuchtendes Band um den Globus ziehen und an alle Kinder erinnern, die viel zu früh sterben mussten. Der Grundgedanke hinter dieser Idee ist, dass ihr Licht auf immer scheine. Diese Lichter werden weltweit mit Gedenkfeiern oder Gottesdiensten begleitet.
Bereits um 14.30 h findet in der Kapelle des Alten St.-Matthäus-Kirchhof eine Gedenkfeier für verstorbene Kinder statt. Eingeladen sind alle Betroffene, Eltern und Freunde. Es wird gebeten Kerzen in allen Größen und Farben mitzubringen sowie Laternen für den anschließenden Laternenlauf.
Weitere Informationen in einem PDF-Dokument [550 Kb] zum Herunterladen unter http://www.efeu-ev.de/presse_neu/Weltgedenktag09.pdf

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