Man muss den Job einfach lieben...
Februar, der Berlinale-Monat: große Stars werden unsere Stadt bevölkern und am Marlene-Dietrich-Platz zu besichtigen sein. Was aber ist mit den „Bewegungen im Hintergrund“, den Komparsen, die dem Film erst das Leben einhauchen? Elfie Hartmann berichtet aus eigenen Erfahrungen.


„Oberärztin“ Elfie. Drehort: Krankenhaus Westend. Film: „Weiss wie Schnee - rot wie Blut“ mit Gudrun Landgrebe

FilmFilmFilm - der Komparsenjob

Komparsen - sie werden niemals arbeitslos werden, denn man braucht sie: für jeden Film, jede TV-Serie, viele Theater- oder auch Opernaufführungen, immer. In der Praxis sieht das so aus: Nachdem man diverse Castingagenturen abgeklappert hat oder auch beim Künstlerdienst vorstellig wird - was mit mehr oder weniger Kostenaufwand verbunden ist, unter anderem für vorgeschriebene Ganzfotos mit unterschiedlichster Garderobe plus guter Porträtfotos,  muss man einfach abwarten: Die Agenturen haben jetzt alle nötigen persönlichen Angaben gespeichert: Jahrgang, Größe, Geschlecht, Konfektionsgröße, Typeinsetzbarkeit, besondere Talente und andere „Requisiten“, die geboten werden können (10 EURO Zulage!): Tiere, Fahrrad, Auto, Motorrad und warten ihrerseits nun auf Anfragen seitens der Filmemacher. Das alles kann dauern, denn es gibt tausende (!) arbeitswillige und -freudige Komparsen in der Warteschleife, die sozusagen in den Startlöchern stehen, den Aufträgen entgegenfiebernd. (Suchtverhalten soll vereinzelt vorkommen).

Immer bereit sein!
Sollte ein Typ aber kurzfristig gebraucht werden, wird kurz und knapp mitgeteilt, dass man am Tag X  (das kann auch der morgige sein!) einen „Dreh“ bekommen könne und ob man frei wäre. Man bejaht besser auf der Stelle, um keinen Unzuverlässigkeitsvermerk zu riskieren. Topzuverlässigkeit ist allererstes Gebot - und wohl auch selbstverständlich. Erst einen Tag vorher und meistens auch noch spätnachmittags erfährt man Drehort und Uhrzeit und welche angeforderte zweifache Ersatzgarderobe zu tragen ist (historische Kostüme werden gestellt). Wenn man Glück hat, kann man im Vorfeld in Erfahrung bringen, ob es sich um einen Außen- oder Innendreh handelt. Sonst kann es vorkommen, dass man sich bei Winterszenen im Sommer zu Tode schwitzt oder bei Sommeraußendrehs im Winter in geforderter Sommerkleidung schier unerträglich friert (selbst Erlebtes!). Wenn man dann den Filmtitel mitgeteilt bekommen hat, überwiegen Vorfreude und Neugierde. Jedes Mal wieder!

Warten, warten…
Ein Drehtag kann folgendermaßen aussehen: Man hat z.B. um Punkt 8.00 Uhr in Babelsberg anzutreten (nur 10 Min. Verspätung bedeutet „Rausschmiss“), sich eintragen zu lassen, die vorgeschriebenen Papiere vollständig vorzulegen, der Requisiteurin in vorgeschriebener  Garderobe vorstellig zu werden und in „der Maske“ zu erscheinen, um sicher zu stellen, dass der Kopf mit dem vorgelegten Foto übereinstimmt, bzw. für den Dreh das richtige Make-up aufgetragen wurde. Dann geht's los: WARTEN….. Wie lange und wie man wo eingesetzt wird, bleibt ungewiss.

Erfahrung zählt
Ist man schon länger als Komparse „im Geschäft“, ist die Crew total erleichtert. Man weiß einfach, dass man niemals direkt in die Kamera zu sehen hat, der Regieanweisung kommentarlos zu folgen hat, keine kleinkarierten Teile, schwarz oder weiß im Normalfall tragen darf, nur Lippenbewegungen zu machen hat, sei das „Gespräch“ auch noch so gestikulativ zu führen. Die Illusion ist später perfekt für den Zuschauer. Man selbst ist „die Bewegung im Hintergrund“ der jeweiligen Szene, möglichst realitätsnah, jeweils der Handlung entsprechend. Die Bewegungen im Hintergrund geschehen wie „Zufällig-Wiederholungen“ und dürfen niemals Ermüdungserscheinungen erkennen lassen: „Jetzt ein Spaziergänger von links - und dann wieder jemand im Vordergrund - vielleicht ein Pärchen -ganz hinten eventuell eine Mutter mit Kind und/oder Hund“. Für eine bis neun Stunden werden immer pauschal ca. 50 Euro gezahlt (je nach Agentur kleine Abweichungen nach oben oder (!) auch nach unten). Je Überstunde werden ca. 5 Euro vergütet, ebenso bei Nachtdrehs. Oft, aber nicht immer gibt es Getränke und Catering - 90% unterschiedliches Essen für die Komparsen zu den Schauspielern. Zusammen essen in den Drehpausen ist die Ausnahme.

Aber schön ist es doch…
Mit den bekanntesten Schauspielern ist man trotzdem auf Tuchfühlung, und wer freiwillig vom Innersten her sowieso lieber ein „Kulissenmensch“ ist, genießt das schon ganz schön und wird für viele Strapazen entschädigt, unwichtig, wie oft die Szene wiederholt werden muss. Man vergisst diese unausbleiblichen Ungewissheiten und Erschöpfungszustände früher oder später und fragt sich ziemlich bald: „Wann werde ich wieder gebraucht…..Wann kommt der nächste Anruf?“ Man muss den Job einfach lieben, dann er-trägt man ihn un-heimlich gerne.

Elfie Hartmann

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Februar 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis