Weltkulturerbe Flughafen Tempelhof

Foto: Matthias Wagner

Denkmalsschutz ja, aber für wen eigentlich?


21.414 Wähler aus dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg haben sich beim Volksentscheid am 7. Juni des Jahres für ein Volksbegehren „Weltkulturerbe Flughafen Tempelhof“ ausgesprochen. Notwendig waren 20.000 Stimmen. (Warum die „Neuköllner“ nicht mitgewählt haben, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben.) Gemessen an der Gesamtzahl der insgesamt um den Flughafen lebenden 460.000 Anwohner in der Flughafen - Sicherheitszone 2 (siehe Planfeststellungsverfahren zum BBI [Airport Berlin Brandenburg International] von 2003) sind das also nur ca. 4,66 % Befürworter für die Pläne des „Aktionsbündnisses be-4-Tempelhof“, also für den Erhalt des Flughafens Tempelhof als Weltkulturerbe.

Ist diese Rechnung korrekt? Ja, muss man sagen, denn die Initiatoren des Volksentscheids wollen ja neben dem Erhalt des Flughafengeländes und seiner Gebäude auch eine Reaktivierung des Flugbetriebs, wenn auch nur für sogenannte Regierungs-, Rettungs- und Ausweichflüge. Für solchen Flugbetrieb gelten eben die Sicherheitszonen und die Zahl der in ihnen lebenden Anwohner. Also worum geht es dem „Aktionsbündnis“ eigentlich? Weltkulturerbe, ja, das ist immer gut und wichtig, Hauptsache man hat es oder ist es.
Aber:
Man will sich offenbar über dieses Hintertürchen den Flugbetrieb doch wieder aufs Tempelhofer Feld holen. Für wen eigentlich? Natürlich nur für den „ehrenwerten“ Flugbetrieb, als da sind Regierungs-, Rettungs- und Ausweichflüge. Was sind denn das für Flüge? Regierungsflüge, ja gut, da fliegt entweder die Regierung selbst  oder sie wird geflogen. Rettungsflüge, auch gut, denn zu retten gibt's immer etwas, aber auch bei Nebel? Ausweichflüge? Ja was ist das denn? Der Schreiber rätselt, denn nirgendwo werden diese Flüge näher definiert. Fest steht aber eine Tatsache: Für alle Flüge ist der Flughafen Tempelhof nur für die Landekategorie Cat I zugelassen (u.a. Landungen nur bei mindestens 800 m Bodensicht, die von einer speziellen „gut sichtigen“ Person festzustellen ist). Im Klartext ausgedrückt: Die Piloten müssen auf derartige Landebedingungen immer wieder geschult werden. Tegel und BBI dagegen sind für die weit umfassendere Landekategorie Cat III b zugelassen, bei der Landungen auch bei schlechten Witterungsbedingungen,  allein instrumentengestützt und vollautomatisch möglich sind. Folgerichtig denkt der Leser mit: Dann können die oben beschriebenen Flüge in Tempelhof ja nur bei gutem Wetter durchgeführt werden. Trappelt hier etwa Eulenspiegel durch die Zeilen ?

Deshalb hat der Senat in seiner Sitzung am 9.6.09 das Volksbegehren nur für die Erhaltung des Flughafens und seiner Gebäude als zulässig erklärt, eine Wiederaufnahme des Flugbetriebs aber unter Verweis auf Artikel 62 Absatz 1 Satz 3 der Verfassung von Berlin und der einschlägigen Gerichtsurteile als unzulässig erklärt. Weitere Auskünfte können die Leser bei der Pressestelle der Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Tel.: 9027-2730) erfragen. Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat nun für eine Entscheidungsfindung zur Durchführung des Volksbegehrens vier Monate Zeit.

Hartmut Ulrich

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Juli-August 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis