Das Deutschlandradio


Eine Stimme für alle


Ja, den RIAS kannte jeder Berliner: Rundfunk im Amerikanischen Sektor. Im Kalten Krieg erlangte er besondere Bedeutung als Informationsquelle in und aus der „Frontstadt“ Berlin, nicht nur für die West-Berliner, sondern auch für das gesamte Umland, die damalige "SBZ" (=Sowjetische Besatzungszone) und spätere DDR

Wo ist der RIAS geblieben? Gehen wir auf Spurensuche
Gleich nach dem Krieg gab es eine Anordnung des US-Headquarters an den ehemaligen Magistrat, ein "Drahtfunksystem im Amerikanischen Sektor" einzuführen. So entstand zunächst der "DIAS", der stadtintern die Bürger mit Nachrichten versorgte. Es folgte 1946 der RIAS Berlin, der offiziell eine Einrichtung des United States Information Service (USIS) war. Der Sender strahlte endlich all die musikalischen und in Hörspielen die schriftstellerischen Werke aus, die während der NS-Zeit verboten waren. Daneben entwickelte sich der RIAS zu einer wichtigen politischen Nachrichtenquelle. Wenn man sieht, wer alles für den RIAS gearbeitet hat: z. B. Egon Bahr...

In den Jahren, als die Menschen in dieser Stadt durch die Mauer getrennt waren, war die Kommunikation durch den Äther einer der wenigen Wege, die nicht von der "Stasi" und ähnlichen Institutionen kontrolliert werden konnte. Zwar wurden in der DDR sogenannte Störsender installiert, die beim Hörer nur ein Rauschen ankommen ließen. Der "Erfolg" war aber nicht flächendeckend. Sendungen, in denen Hörergrüße von Ost nach West und umgekehrt  übertragen wurden, zeigten die verbindende Funktion dieses Senders.

Nun feiern wir in diesem Jahr eine Reihe von Jubiläen: 60 Jahre Grundgesetz, 20 Jahre Mauerfall und 15 Jahre Deutschlandradio! Warum dieser politische Exkurs? Alle drei Ereignisse gehören bei näherem Hinsehen zusammen. Der Rundfunk ist noch nie ein reines Unterhaltungsmedium gewesen, sondern auch ein meinungsbildendes Instrument. Der RIAS trug auch dazu bei, dass die Deutschen nach dem Krieg mit der Demokratie vertraut wurden und sie annahmen, anders als in der Weimarer Republik.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands: Deutschlandradio
Bis 1990 gab es in der Bundesrepublik Deutschland keinen nationalen Hörfunk wie ihn beispielsweise die Briten mit der BBC oder die Franzosen mit Radio France aufweisen können. Anders war es in der DDR, die staatseigene Sendeanstalt stand damals zur "Abwicklung" an. Einzig der "Deutschlandsender Kultur" sollte erhalten bleiben. Gleichzeitig wusste man in Berlin nicht, wie der RIAS in die bestehende Medienlandschaft integriert werden sollte, da  er seinerzeit von den Amerikanern unter militärischem Besatzungsrecht gegründet wurde. Was lag näher als die Gründung einer neuen Institution?

Nach langem Hin und Her (sollen die Fernsehanstalten miteinbezogen werden?), unendlichen Verhandlungen (Rundfunkrat, politische Gremien in Bund und Ländern, um nur zwei Namen zu nennen: Streibl und Engholm, die damaligen Ministerpräsidenten von Bayern und Schleswig-Holstein, legten ein Kompromisspapier vor, das doch nicht angenommen wurde...) gab es die Entscheidung, den RIAS, den Deutschlandsender Kultur und den Deutschlandfunk (damals wie heute in Köln ansässig) zu einem neuen Sender zusammenzuführen: Das Deutschlandradio wurde gegründet. Am 1.1.1994 war der offizielle Start.

Standort des Senders in Berlin ist das ehemalige RIAS-Gebäude am Hans-Rosenthal-Platz. Weil ich das Gebäude seit ewigen Zeiten kenne, habe ich mich nie über die weiß-blaue Farbgestaltung gewundert. Bei der Besichtigung des Gebäudes zusammen mit unserem ganzen Redaktionsteam erst habe ich jetzt erfahren, weshalb der Architekt Walter Borchard Ende der dreißiger Jahre beim Entwurf diese Kombination wählte: Es war als Bürogebäude für die Bayerischen Stickstoffwerke errichtet worden. Aus Bayern kamen vor der Gründung des Deutschlandradios die stärksten Bedenken, vielleicht stimmt nicht nur die Architektur inzwischen versöhnlich...



Das Gebäude ist durch verschiedene Umbauten auf den neuesten Stand der Technik gebracht worden, wir haben bei unserem Rundgang die Studios und Ü-Wagen bestaunt. Wohlgefühlt haben wir uns in dem kleinen Sitzungssaal unter dem Dach, der einen weiten Rundblick gestattete und in dem wir unsere übliche Redaktionsbesprechung abhalten durften (Bildergalerie).

Nach 15 Jahren Sendebetrieb kann man von einer Erfolgsgeschichte sprechen, das Deutschlandradio erfreut sich wachsender Beliebtheit. Bilden Sie sich selbst ein Urteil, unter www.dradio.de bekommen Sie den Überblick über das vielfältige Programm. Natürlich gibt es auch Programmhefte direkt vor Ort im Sendegebäude am Hans-Rosenthal-Platz.  Ich wünsche Ihnen einen genüsslichen Abend vor dem Radio!

Marina Naujoks

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Juni 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis