Vom Straßenkampf zum weltweiten Aktionstag Warum
widmen sich die Märzausgaben der Stadtteilzeitung überwiegend Portraits
außergewöhnlicher Frauen und Frauenthemen? Die meisten Leser werden es
wissen: am 8. März ist internationaler Frauentag. Aber wo liegen
eigentlich die Ursprünge dieses Aktions- und Gedenktages?
Die Anfänge Die
Wurzeln des Frauentages haben revolutionären Charakter. Mit der
zunehmenden Industrialisierung gerieten die Arbeits- und
Wohnbedingungen insbesondere für Fabrikarbeiterinnen immer mehr zu
menschenunwürdigen Lebensverhältnissen. Ein erster spontaner Streik von
Textilarbeiterinnen soll am 8.3.1857 in New York von der Polizei blutig
niedergeschlagen worden sein - diese Ereignisse werden jedoch von
namhaften Historikerinnen angezweifelt. Verbürgt ist dagegen der Streik
der Fabrikarbeiterinnen in New York Anfang des 20sten Jahrhunderts, in
dessen Verlauf es zu einer Brandkatastrophe kam, die weit über hundert
Arbeiterinnen das Leben kostete. Die Arbeiterinnen hatten damals ihre
Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen und mehr Lohn unter das
Motto „Brot und Rosen“ gestellt.
Aber auch hier ist das Datum
umstritten: 8.3.1908 oder 25.3.1911. Die wahrscheinlichste Erklärung
für das Datum des Frauentages liefert der Streik der
Textilarbeiterin-nen in St. Petersburg am 8. März 1917 (nach russischem
Kalender der 23. Februar), der auch auf andere Arbeitsbereiche
übergriff und letztlich die „Februarrevolution“ auslöste.
Eine Idee wird weltweit umgesetzt Die
Idee, einen internationalen Frauentag einzuführen, kam von Clara
Zetkin, die diesen Vorschlag auf der „ Zweiten Internationalen
Sozialistischen Frauenkonferenz“ im August 1910 in Kopenhagen
einbrachte. Bereits einige Monate danach, am 19.3.1911, wurde in
Deutschland, der Schweiz, Dänemark, Österreich und den USA der erste
Frauentag gefeiert. 10 Jahre später, auf der „Zweiten Internationalen
Konferenz Kommunistischer Frauen“ 1921 in Moskau wurde der
Internationale Frauentag auf den 8. März festgelegt, der mittlerweile
in etlichen Ländern, wie z.B. in Russland, der Ukraine, Kuba und
Vietnam ein gesetzlicher Feiertag ist.
In der Zeit
zwischen 1933 und 1945 wurde der Frauentag verboten. Dessen
sozialistisch/kommunistische Ziele entsprachen nicht dem von den Nazis
propagierten Ideal der Frau, deren Platz nach ihrer Vorstellung
widerspruchslos an Heim und Herd war.
Nach 1945 wurde der
Frauentag in Osteuropa wieder gefeiert, im Westen gewann er erst in den
siebziger Jahren, mit Beginn der neuen Frauenbewegung, erneut an
Bedeutung. Seitdem wird von politischen, gesellschaftlichen und
kirchlichen Organisationen weltweit an diesem Tag zu Aktionen
aufgerufen und zu Veranstaltungen eingeladen.
Die Ziele Waren
die Ziele der Frauen bis zum 2. Weltkrieg noch bestimmt von der
Forderung nach Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, höheren Löhnen
und dem Wahlrecht (z.B. erhielten Frauen in der Schweiz das Wahlrecht
erst 1971), hat sich der Frauentag in den letzten Jahrzehnten neben der
Forderung nach Chancengleichheit, einer humaneren Gesellschaft
und Weltfrieden zu einer globalen Solidaritätsbekundung für die
Belange aller Frauen, politik- und gesellschaftsübergreifend,
entwickelt. Dass Themen wie Gewalt gegen Frauen, Unterdrückung und
Diskriminierung offen diskutiert wird und in vielen Ländern Frauen
gesetzlich Gleichbehandlung und Schutz erfahren, ist auch ein Erfolg
dieses Jahrestages, der weiterhin Mut macht.
Rita Maikowski
(Anmerkung:
Im Jahr 2000 wurde in Wien auch ein Weltmännertag ins Leben gerufen,
der seitdem am 3. November gefeiert wird. Schirmherr ist Michail
Gorbatschow, der Aktionstag soll bei Männern das Bewusstsein im
gesundheitlichen Bereich fördern.)
. März 2009 Stadtteilzeitung
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