Schönheitsmittel von Scherk und Schwarzkopf


Foto: Archiv Heimatmuseen Tempelhof-Schöneberg

Ein Hauch Luxus für uns „Weiber“

Rund um den „Frauenmärz“ werden hauptsächlich Themen wie Gleichstellung oder Rechte von berufstätigen Frauen und/oder Müttern behandelt. Das „Schwarzbrot“ des Lebens eben. Doch Frausein bedeutet auch, sich zu pflegen und zu schmücken. Nicht nur, aber auch, um Männern zu gefallen!

Schönheit ist ein wichtiges Gut
Modische Kleidung steht hierbei an erster Stelle. Wussten Sie, dass das wienerische „fesch“ vom englischen Wort „fashionable“ abstammt? Das französische „chic“ von dem deutschen Ausdruck „Was sich schickt“? So wird klar, dass die europäische Union auf diesem Sektor schon lange vor dem politischen Zusammenschluss erfolgte.
Hilfsmittel für die Schönheit waren zu allen Zeiten begehrt. Man staunt, wie früh Kosmetikartikel industriell hergestellt und weite Verbreitung fanden. Und zwar in einem Maß, dass ihnen eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung zukam und -kommt.

In unserem „Zeitungskiez“ siedelten sich in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts (Sie wissen schon: „Roaring Twenties“, Charlestontanzen und so) zwei Firmen an, die in der Kosmetikbranche weltweiten Ruf erlangten: Scherk und Schwarzkopf. Und da gerade bei diesen Produkten die „Verpackung“ stimmen muss, ließen sie zwei ähnliche Gebäude im expressionistischen Stil errichten: 


Foto: Archiv Heimatverein Steglitz

Parfümeriefabrik Scherk
Nie gehört? Bei meiner Recherche war ich dann beeindruckt, dass die Parfüms der Fa. Scherk in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen weltweiten Ruf hatten, Auszeichnungen erhielten und in einer Reihe mit den Pariser Produkten genannt wurden. „Arabian Nights“ (1919), „Purple Rose“(1920) und „Renaissance“(1921) sind nur einige Namen der offenbar jährlich neu erschienenen Duftkreationen.

Bei einem solchen Erfolg gehörte ein repräsentatives Firmengebäude her: 1926 schuf Fritz Höger, dessen Chile-Haus in Hamburg zu den Hauptwerken des norddeutschen Backsteinexpressionismus gehört, ein großes Schmuckstück, einen Flakon aus Mauerwerk. Sie können ihn heute noch besichtigen, etwas versteckt in der Kelchstraße 31, in dem Dreieck an der Gabelung der beiden S-Bahnlinien S2 und S25. Auf einem Dreieck basierend wurde aufgrund der Grundstücksform auch der Grundriss entwickelt. Das für den Expressionismus charakteristische Spiel mit vor- und zurückspringenden Mauerwerksteilen wirkt hier wie ein großflächig übergestülptes Netz.

Wie so oft gibt es viele ausgefeilte Details nicht mehr, weil der Wiederaufbau nach dem Krieg (1950) in vereinfachter Form erfolgen musste. Und wie so oft in Berlin ist eine Erfolgsgeschichte schon lange vorher,1938, jäh unterbrochen worden, weil der Firmeninhaber Ludwig Scherk keine „arische“ Abstammung nachweisen konnte. In der Praxis lief das damals so, dass nach der Enteignung neue Firmeninhaber mit NS-adäquatem Profil das Unternehmen weiterführten. Zwar erhielt die Familie Scherk nach dem Zweiten Weltkrieg die Firma einschließlich Immobilien zurück und war noch lange in der Kosmetikbrache tätig, doch die alte Marktführerposition konnte nicht mehr wiedererlangt werden.

Dennoch ist der Bau immer noch sehenswert. Seit 1974 beherbergt er die Pharmazeutischen Institute der FU  (Ich wage nicht, mir vorzustellen, dass statt der Produktion von Düften aus „Tausendundeinernacht“ jetzt hier „Botox to go“ geprüft und erforscht wird).

Kosmetikfabrik Schwarzkopf
Später entstanden, 1928-30, und von Carl Mackensen entworfen, gibt es ein zweites Fabrikgebäude als Pendant: Das heutige „Kontorhaus“ in der Alboinstraße 36-42, ehemals errichtet und genutzt von der Fa. Schwarzkopf. Nicht ganz so „expressiv“, durch verschiedene Umbauten verändert, aber auch unter Denkmalschutz stehend, gehört es zu den Zeugnissen einer (Bau-) Epoche, als Funktionalität und repräsentativer Schmuck noch eine Einheit bildeten.

Der Turmaufbau, der 1936 ergänzt wurde, trug jahrzehntelang das Firmenlogo, die Silhouette eines Kopfes im Profil. Um den gestalterischen Eindruck zu erhalten, schmückt jetzt „olle Alboin“, der Langobardenkönig hoch zu Ross,  die leuchtende Fläche. Schade, dass Fa. Schwarzkopf selbst nach Aufgabe der Produktion am alten Standort kein Interesse mehr hatte. Ein kleines, feines Firmenmuseum wäre doch toll gewesen...

Die Firma Schwarzkopf selbst muss nicht extra vorgestellt werden: Wir alle, auch unsere Eltern und Großeltern, haben schon mal unsere Haare mit den vielfältigen Produkten gepflegt, denn die Fa. Schwarzkopf, die heute Bestandteil des Henkel-Konzerns ist und vor (fast) exakt 111 Jahren von Hans Schwarzkopf in Berlin-Charlottenburg gegründet wurde, am 28.1.1898, brachte das erste Pulver-Shampoo (1903) und das erste flüssige, alkalifreie Shampoo (1933) auf den Markt, das als Prototyp für heute noch gebräuchliche Shampoos gilt. Was wären die damals modern gewordenen Kurzhaarfrisuren für Frauen ohne die entsprechenden Pflegemittel gewesen?!

Kalte Dauerwellen (1947) oder „Drei-Wetter-Taft“ (1987), immer lag Schwarzkopf im Trend der Zeit. 7600 Patente kann die Firma aufweisen. Auf der Firmen-Website wird fortwährende Fortentwicklung versprochen. Ja, können wir denn noch schöner werden?! Wir werden es versuchen...

Marina Naujoks

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März 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis