Demografischer Wandel in Tempelhof-Schöneberg
Lebensperspektiven
Erste Ergebnisse der Seniorenbefragung des Bezirksamtes

Renate Birkenstock sprach mit Petra Henning vom Steuerungsdienst im Rathaus Schöneberg und mit Dirk Kühsel von der trias gGmbH über das Projekt.

Die Bevölkerung in Deutschland und in den westlichen Ländern wird in den nächsten Jahrzehnten schrumpfen und älter werden. Das dies weitreichende Auswirkungen auf die Lebensgewohnheiten und Ansprüche der Bürger haben wird, ist absehbar und bietet der Politik die Chance, frühzeitig darauf zu reagieren. Welche Wünsche und Bedürfnisse ältere Bürger in unserem Bezirk tatsächlich haben, wurde jetzt in der groß angelegten Seniorenbefragung geklärt.
 
R .B : Um welche Lebensbereiche ging es bei der Seniorenbefragung?
Petra Henning: Die Seniorenbefragung wurde im Rahmen des Projektes Demographischer Wandel im Auftrag des Bezirksbürgermeisters Ekkehard Band und des Bezirksstadtrates für Schule, Bildung und Kultur Dieter Hapel initiiert, um Aufschluss darüber zugeben, wie die Seniorinnen und Senioren Ihre Wohnsituation und wohnortnahe Versorgung in unserem Bezirk Tempelhof-Schöneberg wahrnehmen.
Weitergehend beleuchtet werden sollte außerdem, wie die Freizeitaktivitäten und Kulturangebote des Bezirkes von unseren älteren Bürger/-innen eingeschätzt werden. Dazu zählt zum Beispiel der Kontakt zur Seniorenvertretung des Bezirkes, der Besuch von Seniorenfreizeitstätten und die aktive Mitgliedschaft in einem Ehrenamt.

R. B.: Ist die Befragung repräsentativ?
Petra Henning: Die Befragung wurde als repräsentative Befragung konzipiert. Wir haben dazu eine Stichprobe des Amtes für Statistik Berlin Brandenburg (AfS) in Form einer Zufallsauswahl abgefragt, die sich auf die Altersgruppe der 60-Jährigen und älter bezog.
Das Ergebnis der Befragung ist in weiten Bereichen repräsentativ. Allerdings ist der Befragungsanteil von Migranten/ Migrantinnen unseres Bezirkes im Verhältnis zur Bevölkerungszahl unterrepräsentiert, da sich die telefonische Befragung aufgrund von Sprachbarrieren schwierig gestaltete.

R. B.: Auffällig ist, dass mehr Antworten von Frauen (60,4%) als von Männern (39,6 %)  vorliegen. Woran liegt das?
Petra Henning: Unsere Erfahrung aus vergangenen Befragungen zeigt, dass die Antwortbereitschaft bei Frauen ausgeprägter ist als bei Männern.

R. B.: Erste Ergebnisse zum Thema Wohnsituation liegen der Stadtteilzeitung vor. Danach sind die meisten älteren Mitbürger/innen  (40,8 %) mit ihrer derzeitigen Wohnsituation sehr zufrieden oder zufrieden (49,5%). Ich hätte vermutet, dass mehr sich Senioren eine Verbesserung der Infrastruktur, mehr Komfort (z. B. Einbau von Fahrstühlen) oder weniger  Lärmbelastung in ihrem Wohnumfeld wünschen.
Petra Henning: Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass die Versorgungs- und Wohnsituation in unserem Bezirk – auch für ältere Mitbürger/-innen – attraktiv ist.

R.B.: Herr Kühsel, die trias gGmbH hat die Befragung im Auftrag des Steuerungsdienstes durchgeführt. War es schwierig, Antworten zu erhalten oder haben die Senioren bereitwillig Auskunft gegeben?
Dirk Kühsel: Es gab keine Schwierigkeiten Antworten zu bekommen. Das Team der trias gGmbH, wurde vorab für die Aufgabe des Telefoninterviews geschult, und hat die vom Steuerungsdienst ausgearbeiteten Fragebögen abgearbeitet.
Die befragten Senioren selber haben aber auch bereitwillig geantwortet und hatten zum Teil ein großes Mitteilungsbedürfnis über den Fragenkatalog hinaus. Aber auch auf diese Art  Kommunikation werden die trias Mitarbeiter vorbereitet und waren flexibel und zielorientiert.
Da wir immer eine uns legitimierende Rückrufnummer zum Steuerungsdienst ins Rathaus Schöneberg angeben konnten, wurde auch der zu recht manchmal skeptisch auf Anrufe reagierende Senior oder die Seniorin beruhigt und es kam zur Befragung eben dieser. Wer gar nicht am Telefon befragt werden wollte, der legte natürlich sofort den Hörer auf.

Zusammenleben mit anderen noch kein Thema für Senioren

Im Rahmen der Studie „Demographischer Wandel“ wurden 748  (= 100 %) Senioren und Seniorinnen ab 60 Jahren aus Tempelhof- Schöneberg nach ihrer Einschätzung zur eigenen Wohnsituation heute und in Zukunft telefonisch befragt.

Mehr als 90 % gaben an,  mit ihrer Wohnsituation sehr zufrieden oder zufrieden zu sein.
Dennoch: Immerhin antworten 32 %, dass ein Umzug für sie aus Gründen der Änderung der Lebenssituation (Familie, Beruf, Alter) wahrscheinlich oder schon in Planung ist.
52 % glauben sogar, dass sie aus gesundheitlichen  Gründen  noch einmal umziehen werden.

Betreutes (Service-) Wohnen findet am ehesten Akzeptanz
Nähe herzustellen zur Familie wäre nur für 20,6 %  ein Grund für einen Umzug  (nein dazu 63,9 %), in die Nähe von Freunden ziehen möchten 12, % (Nein dazu 73,4 %),  den Haushalt verkleinern um Hausarbeit zu reduzieren möchten 18,3 % und aus Gründen der Einsamkeit würden 10,3 % einen Wohnungswechsel vornehmen. 

Von den umzugsbereiten Senioren möchten fast alle im Bezirk Tempelhof-Schöneberg bleiben (73%). Wenn ein anderer Berliner Bezirk als neues Domizil infrage kommt, stehen Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf ganz oben auf der Wunschliste. Hier auszugsweise die wichtigsten Ergebnisse zu der Frage:

„Können Sie sich vorstellen, bei Bedarf in eine andere Wohnform umzuziehen?“

Pflegereinrichtung/Heim
Könnte in Frage kommen    22,6 %
Nein, auf gar keinen Fall    52,9 %

Betreutes Wohnen/Service-Wohnen?
Könnte in Frage kommen    35,6 %
Nein, auf gar keinen Fall    33,4 %

Gemeinschaftliches Wohnen von Jung und Alt
Könnte in Frage kommen    27,3 %
Nein, auf gar keinen Fall    49,7 %

Wohngemeinschaft für Senioren
Könnte in Frage kommen    16.8 %
Nein, auf gar keinen Fall    57,4 %

Mit Freunden in der Nachbarschaft, getrennte Wohnung
Könnte in Frage kommen    39,8%
Nein, auf gar keinen Fall    37,3 %

Gemeinsamer Haushalt mit Familienangehörigen
Könnte in Frage kommen    18,9 %
Nein, auf gar keinen Fall    60,3 %

Mit Familie in der Nachbarschaft/getrennte Wohnungen
Könnte in Frage kommen    36,6 %
Nein, auf gar keinen Fall    42,0 %

Renate Birkenstock

Ausführliche Ergebnisse finden Sie in einem Bericht des Steuerungsdienstes des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg [PDF 73 kb]

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März 2009  Stadtteilzeitung