Ein Schöneberger Handwerksbetrieb

Wo die heilige Therese (fast) mit "satanschwarz" in Berührung kommt:
Bei der OPUS Denkmalpflege GmbH

Alles ist dem Verfall preisgegeben: Holz und andere organische Substanzen (ich kann mir nicht verkneifen, an das menschliche Antlitz zu denken), aber auch vermeintlich Dauerhaltbares wie Stein. Alles nur eine Frage der Zeit und der Witterungseinflüsse. Das besonders Wertvolle und Hochgeschätzte aber will man erhalten: Kunstwerke sollen noch nachfolgenden Generationen zeigen, über welche Fertigkeiten der Künstler verfügte, oder welche zeitlosen Botschaften sie seit ihrer Entstehung offenbaren. Dieses behutsame Zurückdrehen des Alters vollbringen Spezialisten, die den Beruf des Restaurators ausüben.

Die OPUS Denkmalpflege GmbH wurde vor zwei Jahren gegründet, ein Team von Fachleuten, das stadtbekannte Denkmäler rundum "auffrischt". Ihre Werkstatt hat die Firma in der Torgauer Straße 12-16, gleich neben unserem größten Denkmal, dem Gasometer. Der Geschäftsführer, Matthias Chronz, kann auf jahrelange Erfahrung in dem Metier verweisen: Er war schon bundesweit tätig, auch bei uns in Schöneberg: Teile der Kolonnaden am Kleistpark und des Fassadenschmucks an der Paul-Natorp-Oberschule sind unter seiner Obhut wiederhergestellt worden.

Kleinere Objekte wie die Statue der heiligen Therese, die seit über hundert Jahren den Eingang der Herz-Jesu-Kirche und der angeschlossenen Theresien-Schule in Prenzlauer Berg "bewachte", werden in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege bearbeitet. Es wird versucht, den originalgetreuen Zustand wieder herzustellen, der nur anhand von Fotos nachvollzogen werden kann. In ihrem stolzen Alter und nach der "anstrengenden" Prozedur wird die heilige Therese jedoch nicht an den alten, sondern an einen witterungsgeschützten Standort zurückkehren. Am Portal wird dann ein Duplikat die Besucher empfangen.

Das größte Objekt, bei dem das OPUS-Team zurzeit mitwirkt, ist die Rekonstruktion der beiden 22 m hohen Kandelaber, die gegenüber dem Charlottenburger Tor neu aufgebaut werden. Die bildhauerischen Elemente entstehen derzeit in den Werkstätten am Gasometer. Nach Fotos und alten Postkarten sind zunächst Modelle aus Gips entstanden, die sich den kriegszerstörten Originalen soweit wie möglich annähern. Die Kandelaber selbst werden größtenteils aus Naturstein gefertigt. Statisch besonders beanspruchte Elemente werden aus sogenanntem Bildhauerbeton gefertigt, der im Aussehen dem bauzeitlich und auch jetzt wieder zum Einsatz kommenden Ettringer Eifeltuff sehr ähnelt. Diesen Effekt erzielt man mit Zuschlagsstoffen in der Zementmischung, die farblich und von der Struktur her dem gewünschten Material entsprechen. Die verfügbare Palette aus der Werkstatt reicht dabei von "sonnengelb" bis "satan-schwarz". 

Das Charlottenburger Tor im neobarocken Stil hat in den hundert Jahren seines Bestehens schon eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Als Pendant zum Brandenburger Tor und Ausdruck des Bürgerstolzes der Millionärsgemeinde Charlottenburg erst in den Jahren 1904-07 errichtet, ist es zwar nur "pseudo-uralt" wie beispielsweise der Berliner Dom aus der selben Epoche. Trotzdem wurde es in den 1930er Jahren schon verändert: Von 20 auf 34 Metern Abstand auseinandergesetzt, und, um die Proportionen zu wahren, erhöht.

Vielen Lesern wird das Tor als schwarzes Steingebilde im Gedächtnis sein, auf das man beim schnellen Vorbeifahren mal eben so einen Blick wirft. Das Charlottenburger Tor wurde bereits in den Jahren 2004 bis 2006 restauriert. Mit der zwischenzeitlich ebenfalls instandgesetzten Charlottenburger Brücke und den nun rekonstruierten Kandelabern wird das Ensemble seine ursprüngliche städtebauliche Bedeutung zurückgewinnen. Die Arbeiten werden im April 2010 abgeschlossen.

Einen Tag der Offenen Tür bietet das Opus-Team nicht an, wäre wahrscheinlich auch nicht sinnvoll, da dies nur von der Arbeit abhält. Trotzdem freuen sich die Beteiligten, wenn ihr Schaffen die Wertschätzung in der Öffentlichkeit erfährt, die sie verdienen. Spätestens im nächsten Frühjahr werden wir uns wieder an sie erinnern!

Marina Naujoks

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Mai 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis