Menschen in der VHS


Raimund Wolfert
Wanderer zwischen Norwegen und Deutschland


Das Land der Fjorde - für manche ist es das verklärte Postkartenidyll vom guten Leben in großartiger Landschaft mit perfektem Sozialsystem. Als Wanderer und Mittler zwischen dem hohen Norden und Mitteleuropa sieht Raimund Wolfert das vielleicht manchmal weniger verklärt als jene Menschen, die bei ihm die norwegische Sprache erlernen. Auswanderung wäre seine Sache nicht, dafür lebt er zu gerne in Berlin. Dennoch ist auch er fasziniert vom Brennglas kultureller Begebenheiten und Beziehungen, das Skandinavien in Geschichte, Sprache und Literatur darstellt.

Raimund Wolfert unterrichtet in der VHS Tempelhof-Schöneberg innerhalb eines, wie er meint, deutschlandweit einzigartigen Norwegisch-Programms bis hin zu Konversationskursen hohen Niveaus. Skandinavien-Liebhaber sind unter seinen Teilnehmer/ innen ebenso wie Handwerker, Facharbeiter und Ärzte, die einen beruflichen Neuanfang im Nor-den suchen, weil qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. Seit den 1990er Jahren wuchs der Bedarf an Sprachkursen stetig - nicht nur an der VHS, sondern auch im Intensiv-Kursprogramm "Ärzte für Norwegen" und beim Auswärtigen Amt, wo Wolfert gleichfalls tätig ist.

Auf den ersten Blick sei das eine putzige Sprache, meint er, manchmal an Kinderjargon erinnernd. Für Deutsche leicht zu lernen und passiv schnell zu verstehen - das Anwenden und Selbersprechen werde aber anfangs meist unterschätzt. Denn die Norweger sprechen "von Tal zu Tal" einen anderen Dialekt, so dass selbst Einheimische Verständnisschwierigkeiten haben können und Kursteilnehmer/ innen oft denken, die gänzlich falsche Sprachform erlernt zu haben.

Raimund Wolferts Verbindungen nach Skandinavien - sie kamen eher zufällig zustande. Eine kleine Sprache wollte er studieren. Die Sprachannäherung gelang dann aber so perfekt, dass er noch während des Studiums, beim Jobben in Bonn, von deutschen Kollegen gefragt wurde: "Wo haben Sie denn so ein ausgezeichnetes Deutsch gelernt?" Die Antwort, dass er eigentlich aus dem Sauerland stammt, erstaunte sie nicht wenig. Den typisch nordischen Klang seiner deutschen Aussprache hatte Wolfert sich bei zwei Auslandssemestern in Oslo erworben. Durch viele Kontakte und Freundschaften in den Norden ist er ihm bis heute erhalten geblieben - und auch eine so gut wie muttersprachliche Vertrautheit mit dem Norwegischen.

In seinen Forschungsprojekten liegt Raimund Wolfert viel an einer Einbettung Norwegens in das übrige Europa. So ist denn auch Murmansk sein nächstes Urlaubsziel. "Stolpersteine" zur Erinnerung an deportierte jüdische Mitbürger/innen will er nach Oslo bringen und an den deutschen Schriftsteller Bruno Vogel erinnern, der 1933 ins nord-norwegische Exil ging. Über seine Tätigkeit als Sprachlehrer und Übersetzer hinaus sieht sich der Skandinavist Wolfert als Themensucher und Kontaktstifter, der wie ein "Satellit" um Norwegen kreist.

 
Mai 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis