Das ehemalige Kraftwerk Steglitz und heutige Energie-Museum


Am Teltowkanal herrscht Hochspannung


Laue Nächte im Mai, Vollmond, das zusätzlich notwendige Licht wird durch Kerzen, das bisschen fehlende Wärme vom Holzkohlengrill gespendet... Aber es kann auch ganz anders sein! Und ruck, zuck sind wir beim Thema Energie und Elektrizität, ihrer Erzeugung und Verteilung. Immer verfeinerter werden dabei die Methoden. Aber auch die ersten technischen Anlagen zu diesem Zweck waren ausgeklügelt und verlangen Achtung vor der geistigen Leistung ihrer Erfinder und Konstrukteure. Ganz deutlich wird dies beim Besuch des Energie-Museums.
Zunächst fragen sich viele Leser sicherlich "Energie-Museum? Nie gehört!" Es handelt sich auch um eine Institution, die erst 2001 entstanden, also ziemlich neu ist in der ehrwürdigen Museumslandschaft unserer Stadt. Als passende Gebäudehülle für die technischen Exponate wurde ein Industriedenkmal gefunden, in der Teltowkanalstraße 9, auf dem Gelände des ehemaligen Heizkraftwerkes in der Birkbuschstraße in Steglitz.

Die Gründer des Museums waren ehemalige und aktive Bewag-Mitarbeiter (Für die Jüngeren: Die Bewag war unsere Berliner Stromversorgungsgesellschaft, bevor eine Privatisierungswelle die lebensnotwendigen Güter zu einem Spielball kommerzieller Interessen machte...). Als gemeinnütziger Verein organisiert, haben sie sich das Ziel gesetzt, die historischen Anlagen, die seit 1884 lückenlos gesammelt wurden, zu hegen und zu pflegen.

Die Exponate: Zum Thema Kraft-werks- und Wärmetechnik sind Pumpenantriebe, Regelventile, Dampf- und Wasserstandsanzeiger zu sehen. Der Knüller sind die originalen Turbinenschaufeln: So etwas sieht man sonst nur im Urlaub, wenn neben dem Stausee ein kleines Kraftwerk angeschlossen und zur Besichtigung freigegeben ist! Des Weiteren machen Wandler und Transformatoren die Schwierigkeiten der Elektro-Versorgung deutlich, und selbst im Schwachstrombereich - sprich Telefonleitungen - sind zahlreiche Exponate zu bestaunen.

Der Standort: Nicht irgendeine Fabrikhalle beherbergt das Museum. Hier, am Teltowkanal, so hatte die Gemeindeverwaltung Steglitz 1909 beschlossen (11 Jahre vor der Eingemeindung in die Metropole Berlin!), sollte ein eigenes Kraftwerk zur Stromerzeugung errichtet werden, was nach zwei Jahren Bauzeit auch in Betrieb ging. Mit 2 x 1250 kVA und 1 x 625 kVA Leistung muss es zu den modernsten und leistungsfähigsten seiner Zeit  gehört haben. Der Energieträger - die Kohle - wurde über den kurz vorher fertiggestellten Teltowkanal herangeschafft. Seit 1923 wurde zusätzlich Fernwärme erzeugt. Kontinuierlich wurde das Kraftwerk auf dem neuesten Stand der Technik gehalten, was nach dem Zweiten Weltkrieg, als West-Berlin schon lange vor dem Mauerbau hinsichtlich der Energieversorgung vom Umland abgeschnitten wurde, besonders wichtig wurde.
Doch als hätte es ein spezielles Eigenleben (sonst traut man solche rätselhaften Vorgänge, die menschlichem Verhalten ähneln, nur seinem Computer zu...) kam es 1994, nach 83 Jahren Laufzeit, zu einer großen Havarie. Das Kraftwerk wurde daraufhin stillgelegt, weil andere und größere Anlagen seine Funktion übernehmen konnten und der innerstädtische Stand-ort für die Stromerzeugung nicht mehr zeitgemäß war.

Im Museumsgebäude selbst stand früher eine riesige Batteriespeicher-Anlage, die zu West-Berliner Zeiten, als wir nicht in den europäischen Stromverbund integriert werden konnten, für eine ununterbrochene Versorgung sorgte, falls bei der eigentlichen Stromerzeugung ein Störfall eingetreten wäre.  Nach dem Wegfall stehen nun 1.800 m² als Ausstellungsfläche zur Verfügung. Und die Gebäudebeschreibung wäre doch nicht komplett, wenn ich jetzt nicht den Architekten erwähnen würde: Clemens Mletzko. Man staunt ohnehin, welche Bauschaffenden auch für die BEWAG gearbeitet haben, so gibt es ein Gebäude auf dem Gelände, das von Egon Eiermann, dem Architekten der neuen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, entworfen wurde.
So nun habe ich hoffentlich genug Spannung erzeugt und möchte mit den für einen Besuch wichtigen Eckdaten schließen: am Sonntag, den 17.5.09 (32. Museumstag Berlin) ist ab 11 Uhr geöffnet

Energie-Museum Berlin e.V.
Teltowkanalstr.9, 12247 Berlin
www.energie-museum.de

Marina Naujoks

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Mai 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis