Nicht ganz neu im Kino - am 3.5. in den Eva-Lichtspielen, Blissestraße 18 | ||||
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Warum macht Woody Allen das, warum
lässt er einen Erzähler die Geschichte von Vicky und Cristina und Maria Elena
in Barcelona vortragen wie in früheren Zeiten die Moritatensänger, die auf Jahrmärkten
Transparente mit gar schauerlichen Bildergeschichten entrollten und dem
atemlosen Publikum die Tragödien vorsangen (Mariechen saß weinend im Garten...)
? Wir wissen es nicht; ebensowenig können wir uns vorstellen, wie der Film wohl
aussehen würde, hätte er uns die Geschichte einfach vorgespielt. So vorerzählt
wirkt sie tatsächlich wie ein glatter Bilderbogen mit schönen Menschen in
schöner Umgebung. Spanien vom Feinsten: wie herrlich die Natur, die Bauten, die
Kunst, alles aus den schönsten Perspektiven in bester Umgebung dargestellt,
ausgemalt in edelster Farbgebung. Und die Geschichte und ihre Dialoge - der
reinste Groschenroman! Vicky ist spröde und will bald heiraten und Cristina ist
romantisch und verliebt sich oft, und die beiden Amerikanerinnen lassen sich in
ihrem Spanienurlaub von dem zugegebenermaßen hinreißenden Maler Juan Antonio
verführen und vorübergehend aus der Bahn werfen, die eine früher, die andere
später. Und der ist bei jeder so zugewandt und verständnisvoll und voller
echtem Gefühl - übrigens auch bei seiner Verflossenen, mit der er einen
dramatischen Scheidungskampf hinter sich hat. Zu Dritt klappt es aber wieder
mit ihr: Cristina liebt Maria Elena und diese sie und beide lieben den Maler
und der scheint sowieso alle Frauen zu lieben, die ihm unterkommen - das
reinste Paradies! Leider setzt bei Cristina nach einiger Zeit der Verstand ein
- im Gegensatz zu ihrer Freundin Vicky fühlt sie nämlich erst und denkt später
- und sie muss weiterziehen, und flugs gehen Juan Antonio und seine Maria Elena
wieder aufeinander los wie in alten Zeiten. Vicky hat inzwischen ihren
Verlobten geheiratet, aber glücklich ist sie nicht mit ihm: einmal vom Baum der
Erkenntnis gekostet, und die Unschuld ist dahin... Was hat Woody Allen sich bloß dabei
gedacht? Der Mann ist doch ein erfahrener Regisseur und Drehbuchautor, was für
herrliche, witzige Filme haben wir schon von (und mit) ihm gesehen! Vielleicht
soll das alles ja so klischeehaft sein - aber warum? Was will er damit
erreichen? Mir wollen die Lobgesänge auf diesen Film nicht recht einleuchten,
es sei denn, man richtet sein Augenmerk ausschließlich auf die Darsteller, und
da fängt der Spaß dann an: Scarlett Johanson als Cristina und Penélope Cruz als
Maria Elena und Javier Bardem als der Maler (was für ein Mann!) - ein
herrliches Dreigespann, für die es lohnt, den Film anzusehen. Vor allem
Penélope Cruz spielt alle an die Wand mit ihrem Temperament. ("Vicky"
heißt übrigens Rebecca Hall - nicht Annie Hall! - und passt gut in die Rolle). Alles in allem also trotzdem sehenswert
und unterhaltsam. Aber ich kann mir nicht helfen: mir fehlen hier Woody Allens
geistreiche Dialoge! Sigrid Wiegand . |
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