Zu Gast in Schöneberg

Die „Mädchen“ vom Zimmer 28. Foto: Thomas Protz

Nur ein Zimmer? Nur ein Zimmer!

Fakten? Daten? Eher nicht: Dazu sind Geschichtsbücher und Archive vorhanden. Aber das hier ist "Mensch pur" in seiner ganzen Stärke, Verletzlichkeit und unbeschreiblichen Willenskraft. Es kann nur Liebe sein, die diese acht Damen für immer verbandelt hat. Großmütig erscheint es mir fast, wie sie über die gemeinsam erlittene, qualvolle Vergangenheit des Holocaust sprechen. So empfand ich es da im Rathaus Schöneberg. Wir saßen im gleichen Saal, in dem auch Kennedy anwesend war seinerzeit. Acht liebenswürdige Damen, alle Jahrgang 1929/30, treffen sich einmal im Jahr. Sie sind hierher eingeladen. Frau Kaiser vom Kunstamt betreut sie herzlich und liebevoll während des Aufenthaltes hier. Aus Israel, der Tschechischen Republik, Österreich und so-gar aus Amerika finden sie sich hier zusammen. Durch Ihre Berichte vermitteln sie anschaulich, was nie in Vergessenheit geraten darf, damit es nie wieder passieren kann, nie wieder passieren darf!

Im Foyer des Schöneberger Rathauses ist zur Zeit "ihr" Zimmer nach- und aufgebaut (1:2), in dem sie als 13- und 15- jährige in Theresienstadt ab 1942 zwangseinquartiert waren (Ende  Oktober 1944 wurde es aufgelöst). Insgesamt durchliefen 55 Mädchen dieses Lager, 15 Mädchen haben überlebt....
Da gab es: Anna, Ela, Helga, Vera, Miriam, Hanka, Marta, Judith, Rita, Lilli, Laura, Eva, Ella, Handa:
Jeder Name eine Geschichte. Hinter jedem Namen die gleiche Geschichte. Es ist so erschütternd, wie über diese Zeit berichtet wird, mal auch mit einem Lächeln, doch immer wieder sehe ich die Tränen dahinter...
Da ich als Philanthropin sehr empathisch durch die Welt gehe, ist es mir leider absolut unmöglich, hier die einzelnen Gespräche zu repetieren. Gerne hätte ich mich hebräisch verabschiedet.  

Im Rahmen der "Aktion Sühnezeichen" arbeitete ich nach dem Sechstagekrieg in israelischen Kibuzzimen. Ein ganzes Jahr half ich dort als Volontärin und lernte hebräisch. Auf diese Art wollte ich (m)einen ganz persönlichen Beitrag zur Wiedergutmachung leisten. Das war mir schon damals ein Bedürfnis.
Obwohl durch die "Gnade der späten Geburt" schuldlos, rufe ich:
 
Nie wieder  !!!!!

Elfie Hartmann

Die Mädchen von Zimmer 28
Freundschaft, Hoffnung und Überleben in Theresienstadt. Die au-thentische Hintergrundgeschichte zur Kinderoper Brundibár
von Hannelore Brenner-Wonschick
Hardcover Neuauflage
Aufbau Verlagsgruppe GmbH Berlin 2008
ISBN: 978-3-351-02663-9

Bildergalerie hier | weitere Informationen: www.room28.org und www.room28projects.com/deutsch

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Mai 2009  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis