Hans E. Ohnmacht

Hans E. Ohnmacht
Foto: Thomas Protz


Holocaust-Überlebender, Politiker und Schuldenberater

Der geborene Schöneberger Hans E. Ohnmacht erblickte am 12. September 1940 die Welt. Laut Nürnberger Rassengesetz war Ohnmacht ein sogenannter Mischling 1. Grades: Die Mutter war konvertierte Jüdin, der Vater „deutschblütiger“ Wehrmachtssoldat. Letzteres lieferte etwas an Schutz – solange das Familienoberhaupt sich zuhause aufhielt. Nur immer wenn Papa weg zur Front ging, mussten sich Mutter und Kind verstecken. Der kleine Hans hat dafür den Großteil seiner Kinderzeit auf einem Hängeboden im Keller der Grunewaldstraße 85 in Schöneberg verkrochen verbracht. Versorgung in Form von Nahrung und Kleidung kam von Eitel-Friedrich Karl Balthasar von Rabenau, dem widerstandleistenden Pfarrer der benachbarter Apostel-Paulus-Gemeinde. 

Dem Holocaust entkommen, ist Ohnmacht mit der Mutter in seiner Geburtsstadt geblieben. Er hat den Beruf des Automaten-Einrichters erlernt, später studierte er Maschinenbau an der Ingenieur-schule Beuth. Nach verschiedenen Tätigkeiten, die schließlich zur Betriebs- und Direktionsassistenz führten, wurde Ohnmacht selbständig im Bereich der Holzverarbeitung. Mitte der 1980er Jahre hat er eine Pension in Oberfranken aufgemacht; 1989 wickelte er Geschäfte mit der damaligen DDR ab, um ostdeutschen Pensionären den Urlaub in Westdeutschland zu ermöglichen. Nach der Wende hat er sich auf den internationalen Tourismus spezialisiert, mit Schwerpunkt Osteuropa. Seine Büros richtete er in Dresden ein.

Nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt 2005 tauchte Ohnmacht in die Welt der Politik ein – bei den, „Grauen Panthern“, wie sie sich selbst nannten. Mit der Wahl 2006 wurde Ohnmacht Bezirksverordneter in Tempelhof-Schöneberg, heute ist er Fraktionsvorsitzender im Bezirk sowie 2. Vorsitzender des Seniorenschutzbund Graue Panther e.V.. Er bezeichnet die Grauen als eine „generationsübergreifende Alter-native zur Standardpolitik von Schwarz, Gelb, Rot, Grün“. Zu-dem betont er die Notwendigkeit, ältere – aber auch junge – Menschen in den politischen Entscheidungsprozess mehr einzubinden.

Dass er jüdische Wurzeln besitzt, ist Ohnmacht erst seit 1972 bewusst geworden. Damals hatte er einen Angestellten, der auch jüdisch war und zeitweilig in Israel lebte. „Der Kollege sagte zu mir: ‚Herr Ohnmacht, irgendwie sind Sie kein Goy. Sie sind doch Jude, wie ich’“. Daraufhin hat Ohnmacht seine Mutter nach den Jahren im Keller gefragt. Seine Mutter erzählte ihm die Wahrheit. Der überraschte Unternehmer suchte sofort den Kontakt zur jüdischen Gemeinde in Berlin – und „re“-konvertierte. Heute noch essen er und seine jetzige Frau koscher. Am wöchentlichen Schabbes betet Ohnmacht; bei öffentlichen Anlässen trägt er seine Kippa. Trotz seiner früheren Erlebnisse habe er nie Ressentiments gegen Deutschland entwickelt. „Die Menschen dieses Landes sind seit mehreren Generationen sehr zur Aufklärung der NS-Zeit bereit .“

Heute ist Ohnmacht Rentner, obwohl er noch teilzeitlich als Wirtschaftsberater und Buchhalter arbeitet. Zudem ist er ehrenamtlich tätig – seit diesem Jahr als Schuldenberater im Nachbarschaftshaus Schöneberg in der Holsteinischen Straße 30, freitags von 10 bis 13 Uhr. Ohnmacht setzt seine unternehmerischen Erfahrungen ein, um Personen mit privaten und geschäftlichen Finanzproblemen Lösungen zu ermöglichen. Das Büro kann zu den Öffnungszeiten unter der Nummer (030) 859 95 132 erreicht werden.

T. W. Donohoe



Dezember 2010  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis