Kiezgeschichte
 

Meine Zeitung - Deine Zeitung.

Berliner Stehcafés besuche ich zu gerne. Besonders eines hier am Bayerischen Platz:
Unkompliziert trifft man- immer öfter bekannte- Leute und beim Milchkaffee blättert es sich so schön in der dort immer ausgelegten Tageszeitung.

Neulich blättert keiner. War etwa ausnahmsweise mal keine Zeitung da?

Da erspähe ich erfreut auf der Ablage unter dem Tisch einer speisenden Dame die (!) sichtlich versteckte zusammengefaltete Zeitung, nach der ich dann freundlich frage.
Antwort: „Nein, das ist meine Zeitung!“
 
(Aha, na gut...aber wieso liegt dann hier heute gar keine Zeitung aus frage ich mich und hake - nochmal freundlich - nach):

„Wie ... Ihre Zeitung ? Ist dies nicht die Zeitung vom Café für die Kunden?“
Antwort: „ Ich will erst in Ruhe essen!“
Pause.
Ich fasse es nicht und insistiere:
„Dürfte ich vielleicht nur mal kurz...?“
„Nein ! Ich will erst in Ruhe essen und dann die Zeitung lesen!“

„Aber ich möchte doch nur kurz... durchblättern...“?

Dazu kam es dann aber wirklich nicht, denn sie fing an wie ein Rohrspatz zu zetern, sie hätte sich die Zeitung extra zurückgelegt und wolle sie nach dem Essen...ganz in Ruhe....:

Alles verstummte und konzentrierte sich mit hochgezogen anmutenden Schultern auf  Kaffeetassen und/oder Tagessuppenschüsseln.

Die netten Damen hinter dem Tresen hatten auch sofort ganz viel ein und - auszuräumen......
Eigentlich hätte ich nun zu gerne weiter diskutiert, es fing ja an, richtig Spaß zu machen:

Doch ich musste spontan, geradezu zwanghaft, lauthals loslachen - im Gegensatz zu der Zeitungsbesetzerin, die jetzt immer wütender und lauter wurde, sodass daraus nichts wurde.

Wenn man zwischen:
Sich ärgern oder einfach mal zu lachen, am besten laut und ansteckend, wählen kann:
 
Dann wünsche ich allen Menschen - und nicht zuletzt mir selbst - für ein friedliches  Miteinander, dass die heitere Variante gewinnt!
(Besonders wenn ich diese Ausgabe der Stadtteilzeitung demnächst auf der Ablage unterm Tisch des Cafés „so ganz unauffällig“ deponieren werde)

Ihre
Elfie Hartmann

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Februar 2010  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis