Unerhörte Dinge in der Crellestraße

Museum der Unerhörten Dinge. Foto: Roland Albrecht

Ein Museum von Geschichten in einer Stadt von Geschichte

In der Schöneberger Crellestraße hat das Außergewöhnliche ein Zuhause. Ein kleines Ladenlokal beherbergt das Museum der Unerhörten Dinge.


Depot. Foto: Roland Albrecht

Freier Eintritt ermöglicht jedem die Begegnung mit dem Raum, in dem die Dinge eine Stimme haben. Auf wandlangen Regalen präsentieren sie sich dem fragenden Betrachter hinter der Maske des Alltäglichen. Ein kleiner Raum für die große, oder auch kleine Geschichte des ganz Kleinen. Ein Raum für Dinge, die ihre Spuren erst in der Nebelkammer des Erkennens offenbaren.

Unaufdringlich lässt sich Museumsdirektor Roland Albrecht in der Tiefe des Dialoges der Dinge mit ihren Gästen finden. In der öffentlichen Vorstellung seines Hauses heißt es: "1998 wurde das Museum in der Galerie Raskolnikow ... mit 13 Exponaten gegründet. 1999 stellte ich das Museum in das Internet ... und beabsichtigte, ein Netzmuseum zu gestalten. ... im Frühjahr 2000 bekam ich von dem ... Fahrradhändler Bernhardt Hartmann in Berlin-Schöneberg ... ein in einem umgebauten Hausdurchgang untergebrachtes Ladengeschäft bis Ende des Jahres zur Verfügung gestellt. Nun hatte das Museum der Unerhörten Dinge einen festen Ort, einen Direktor, geordnete Öffnungszeiten und regelmäßigen Publikumsverkehr."

Nicht alle Dinge finden ihren sofortigen Platz im Museum. Eigentlich ist das Museum der Unerhörten Dinge eine Konferenz der erhörten Dinge. Sie haben ihre Geschichte schon erzählt. Im Gegensatz zu den Dingen, die darauf warten, gehört zu werden. Im Hinterraum, dem Wartesaal der Unerhörten Dinge. "Unerhört, weil die Museumsexponate meist übersehene, unbeachtete und unerhörte Dinge sind. Diesen scheinbar uninteressanten Dingen widme ich mein Ohr, lasse sie reden, schweigen, schimpfen, anklagen, widme ihnen meine freischwebende Aufmerksamkeit und plötzlich erzählen sie unvermutete Geschichten und dies Erzählte sind dann meist unerhörte Geschichten, unglaubliche Erlebnisse, unwahrscheinliche Ereignisse."

Alles hat hier sein Museum erhalten. Es ist ein Haus, in dem dem Alltäglichen sein Besonderes zurückgegeben wird. Die Phantasie des Betrachters wird von Ideenblitzen durchzogen. Einen von ihnen findet man hier. Genauer, seinen Einschlag. Den Einschlag eines Gedankenblitzes. Festgehalten und verewigt durch den Kölner Nervenarzt Dr. Dröf. Er visualisiert die Kraft des Geistes in einer realen Umgebung sichtbarer Magie. Schlichtweg von Ding zu Ding eilen fällt schwer. Ein jedes Ding hat seine Geschichte, seine Wahrheit und seine Zeit. Ohne einen roten Faden verliert man sich. In der Fülle der Dinge ist auch er hier zu finden, der Rote Faden. Ihn zurückzuverfolgen, bis in das Leben des Marquis von Maillet, führt an einen anderen Ort, der zu ihm gehören kann, unausgesprochen, natürlich: dem Museum der Dinge. Als zwischenzeitliche Leihgabe gastiert hier der Rote Faden, bis er sich wieder einfinden wird, um ganz er selbst dort sein zu können, durch das er sich zieht, durch das Museum der Unerhörten Dinge.

Museum der Unerhörten Dinge, Crellestraße 5-6, 10827 Berlin,
Telefon: 7814932. Eintritt frei. Öffnungszeiten: Mi-Fr 15-19 Uhr

http://www.museumderunerhoertendinge.de/

Arnd Moritz


Juli 2010  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis