Die neue Ehrenamtskarte für Berlin

Es lockt die Ehrenamtskarte?? Zeichnung von Elfie Hartmann

„Anerkennungskultur“ nach Gutsherrenart

In Bezug auf Aufwandsentschädigungen unterscheiden sich Ehrenämter sehr. Während Übungsdienstleiter in Sportvereinen relativ gut und Bezirksverordnete recht komfortabel entschädigt werden, erwartet man von vielen anderen ehrenamtlich Tätigen selbstverständlich, dass sie ihre Aufwendungen aus eigener Tasche zahlen. Besonders die über 60jährigen, die sich – gemessen an allen Altersgruppen - überproportional engagieren, gehen oft leer aus.

Zurzeit entwickelt die Senatskanzlei III im Roten Rathaus eine „Ehrenamtskarte für Berlin“, die nach dem Vorbild anderer Bundesländer einige Vorteile gewähren soll. Weil das nichts kosten darf, ist zum Beispiel an Rabatte gedacht, die Freizeit- und Kultureinrichtungen auf Eintrittspreise gewähren.

Es gibt 850.000 ehrenamtliche Mitarbeiter in Berlin, ohne die – das wird man nicht müde zu betonen - „unser Gemeinwesen zusammenbrechen würde“. Aber  es sollen jedes Jahr nur 3.000 die Karte erhalten. Obwohl man die Latte für die Berechtigung sehr hoch legt (siehe Schaukasten) erfüllen die Vorgaben weit mehr als 3.000 Personen

Institutionen und Verbände können daher unter ihren langjährig Tätigen nur wenige Empfänger auswählen und müssen die leer ausgehenden Enttäuschten vertrösten auf das Jahr 2012, 2013 oder auf den Sankt Nimmerleinstag.

Das ist so gewollt  und wird uns  stolz als die vom Senat entwickelte „neue Anerkennungskultur“ präsentiert. Dort hat man wohl eine etwas betuliche Vorstellung von den Menschen, die unentgeltlich für unser Gemeinwesen arbeiten und ist überzeugt, dass die Empfänger der Karte  mit dankbarer Freude auf so viel Anerkennung reagieren werden. Und die Übrigen sich noch mehr ins Zeug legen, um auch einmal von der Anerkennungskultur erfasst zu werden.

Inzwischen dürfen sie ihre Aufwendungen wie Fahrgeld und Parkgebühren weiter selbst zahlen. Das wird sich in Zukunft auch nicht ändern, erklärt mir Frau  Rebecca Drusche von der Senatskanzlei III auf Rückfrage. Schließlich brauche der Senat  das Geld, auch das, welches die  Ehrenamtlichen für die Zeit ihrer Tätigkeit in die Parkuhren der Bezirke stecken  müssen. Also auch das vieler bürgerschaftlich Engagierter mit kleinen Renten.

Ich verzichte hiermit schon mal öffentlich auf Ehrung und Karte. Und auf die ganze neue Anerkennungskultur. Und hoffe, niemand lässt sich bei so viel Anerkennungsgeiz die Freude an seinem Ehrenamt nehmen.

Renate Birkenstock

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Mai 2010  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis