Kiezgeschichte
Die Rose mit dem Größenwahn

Die ältere Nachbarin in Schöneberg bat mich, ihr eine Rose zu besorgen. Eine kurze, bitte, denn die passende Vase sei eher klein und langstielige Blumen möge sie sowieso überhaupt nicht.
Ein Blumenladen in der Nähe des Innsbrucker Platzes: Eine beängstigend wankelmütige Zigarette hängt da feuchtzitternd permanent im Mundwinkel der Verkäuferin und ich bekomme auf meine Nachfrage hin eine enorm langstielige Rose aus dem Eimer gezupft.
Nein, eine kürzere wolle  ich doch aber...
"Kürzen? Neenee, sone schöne lange Rose!." (Na gut, ehe die Asche noch auf die Blüte fällt, die Glut die Lippe erreicht...)
"Haben Sie dann wenigstens vielleicht etwas Schleierkraut dazu ?" "Neee hammwa nich heute."
"Dann etwas Grünes?"
"Das ja...aber nicht in der gleichen Länge wie die Rose!" "Aber ich wollte doch sowieso eine kürzere....?"
"Die könnse doch nich abschneidn, sone schöne lange Rose, nee nee !!"
(Wollte ich aber doch zu Hause auf der Stelle) Ehe ich nun ganz in Ungnade zu fallen drohte, nahm ich kurzerhand: Rose-lang mit Grün-kurz. Zu Hause wurde nachgemessen: Genau 78 cm lang war die Stolze. Stolz hin Stolz her- die Vase war zu klein. Und- ich fühlte mich irgendwie auch ganz klein.

Elfie Hartmann.

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September 2010  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis