Zum Tag des offenen Denkmals

Feuerrote tür und Heizanlage am Gasometer
Foto: Christiane Rodewaldt


Der Gasometer – eine bedrohte Denkmalgattung

Das denkmalgeschützte Wahrzeichen Schönebergs, das stählerne, filigrane Führungsgerüst des bereits abgebauten Teleskopgasbehälters, Schöneberger Gasometer genannt, rostet bedenklich. Das belegt ein umfangreiches Gutachten von Dipl. Ing. Peter Bremer (grbv) zur Instandsetzung von Korrosionsschutzschäden am Schöneberger Gasometer bereits 2002.

Der derzeitige Eigentümer, der Architekt Reinhard Müller (DENK MALplus GmbH) hat sich im April 2008 vertraglich zu einer denkmalgerechten Sanierung verpflichtet. Konkret passiert ist wenig. Bisher wurde lediglich ein Handlauf im 1. Ring des 78 m hohen Stahlgerüsts instandgesetzt, belegt sein Vertragspartner, Bezirksstadtrat Bernd Krömer. Ein aktuell gültiger Plan für die Instandsetzungsarbeiten liegt der Schöneberger Denkmalschutzbehörde noch immer nicht vor. Es werde derzeit ein Gutachten erstellt, erklärt die zuständige Sachbearbeiterin Ingrid Schade. In einem kleinen Teilbereich erprobt die Firma Opus Denkmalpflege GmbH unterschiedliche Verfahren und Lacke, nennt aber keine weiteren Details. Zudem werden in Gesprächen mit Peter Bremer (grbv) auch seine Sachkenntnisse herangezogen, ein Gutachten erstellt er hier nicht, bestätigt der Bauleiter Heribert Günther (REM+ tec). Einen konkreten Zeitplan für die Instandsetzungsarbeiten am Gasometer kann auch er nicht nennen.

Instandhaltung von Gasometern ist kostspielig, im Vertrag von 2008 wird von gut 3 Millionen Euro für die anstehenden Arbeiten ausgegangen, darum werden Gasometer nach Stilllegung meist schnell abgerissen. In Berlin sind daher, außer dem Schöneberger, einem der größten und kunstreichsten auf dem europäischen Kontinent, nur noch der Mariendorfer Gasometer erhalten. Dieser wird gerade, nach dem neuesten Kenntnisstand der Denkmalpflege, fachgerecht im Auftrag der Gasag instandgesetzt.

Nicht nur dem Rost, auch den Eingriffen zur Installation und zum Betrieb der sog. Eventkuppel muß der Schöneberger Gasometer trotzen. Sie befindet sich im Innern, auf dem Boden des ehemaligen Wasserbeckens und ist von außen nicht sichtbar. Die stählerne Wand des Wasserbeckens wurde durch mehrere Öffnungen mit bis zu 50 cm Durchmesser für Kabel, Luft- und Fußbodenheizung, beschädigt. Der größte Einschnitt stellt eine neue Tür für den Zugang zum Toilettencontainer dar, der außen an der Nordwand aufgestellt ist. Dort befindet sich auch eines der beiden Heizrohre mit Heizanlage. Stillos und unwürdige Bastelarbeiten am denkmalgeschützten Gasometer. (s. Foto)

Vor allem aber sind diese Eingriffe in die Denkmalsubstanz ohne Wissen und Genehmigung der Denkmalschutzbehörden vorgenommen worden. Auch Wolf Schneider wurde das bestätigt, als er das Landesdenkmalamt (LDA), im Oktober 2009, auf diese Beschädigungen des Denkmals aufmerksam machte. Der Schöneberger wohnt mit Blick auf den Gasometer und konnte die baulichen Veränderungen täglich mitverfolgen. Da das LDA, außer einem Ausdruck des Bedauerns, keine sichtbaren Maßnahmen unternahm, erstattete Wolf Schneider Anfang November 2009 Anzeige gegen Unbekannt wegen Verstoßes gegen Denkmalschutzbestimmungen, was genauso folgenlos blieb. Noch heute empört es ihn, dass nicht sofortiger Rückbau angeordnet wurde, der denkmalgeschützte Gasometer ohne nennenswerte Konsequenzen beschädigt werden darf, ja ganz im Gegenteil die „baulichen Veränderungen“ nun nachträglich vom Bezriksstadtrat Bernd Krömer Mitte Mai 2010 genehmigt wurden.

Zeit fand der Landeskonservator und Leiter des Landesdenkmalamtes Prof. Jörg Haspel zwar nicht, die Möglichkeiten des Denkmalschutzes und die Gasometerdenkmalpflege zu erörtern, wichtiger ist auch, was er jetzt tut, zum Erhalt, auch der Erscheinungsform, des denkmalgeschützten Gasometers.

Auf politischer Ebene sind es insbesondere die Grünen, die sich für den Denkmalschutz verwenden. Namentlich der Schöneberger Bezirksverordnete Rolf Brüning fragte beständig nach den Verantwortlichen und den Konsequenzen aus den Denkmalbeschädigungen, sowie nach einer Wiederherstellungsanordnung.

Offenbar konnte damit der politische Wille aktiviert werden, denn die zuständige Schöneberger Denkmalschutzbehörde hatte schon im November 2009 eine Ordnungswidrigkeit festgestellt und ein Anhörungsverfahren zur Klärung des Sachverhaltes und der Verantwortlichkeiten eingeleitet. Jetzt, nach fast 1 Jahr, konnte auch ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden, wie aus dem Ausschuss für Stadtplanung zu hören ist. Einzelheiten werden sicherlich nach der Sommerpause, im September bekannt gegeben.

Auch die knallroten Stahltüren auf der grünen Außenwand des Gasometerwasserbeckens angebracht, entsprechen sicher nicht denkmalpflegerischen Erwägungen. Im Hinblick darauf, was der derzeitige Eigentümer, Reinhard Müller (DENKMALplus GmbH) plant, jedoch ein marginaler Verstoß.

Sollte der, derzeit in Überarbeitung befindliche Bebauungsplanentwurf 7-29 erneut von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossen und nach Festsetzung als Rechtsverordnung in Kraft gesetzt werden, wäre das Denkmal Gasometer vernichtet. Der geplante Innenausbau würde dem Gasometer seine landmarkenhafte Wirkung, als weithin sichtbares, filigranes Gerüst berauben, nur Form und Größe blieben dann erhalten. Teleskopgasbehälter waren nie dauerhaft massiv, wie es ein Gebäude im Innern wäre, das Führungsgerüst sollte stets gut sichtbar in Erscheinung treten.

Das Wahrzeichen Schönebergs, der Gasometer ist eine Landmarke, ein prägendes Element im Stadtbild Berlins, daher auch seine denkmalwerte Bedeutung. Genau genommen ist er ein technisches Großgerät und kein Gebäude. Schon deshalb wäre ein Innenausbau nicht artgerecht und unvereinbar mit § 1 Abs. 1 DSchG Bln, wo es heißt, dass auch der Denkmalgedanke und das Wissen über das Denkmal zu erhalten seien. Das Industrie-Denkmal, ein Gasometer außer Betrieb, ohne Gas und Gasbehälter, wäre zerstört.

Das gesamte ehemalige Gaswerkgelände steht unter Denkmalschutz. Ohne Zustimmung der Denkmalschutzbehörden verändert sich am und um den Gasometer gar nichts. Ein vernünftiges Konzept für eine denkmalgerechte Umnutzung des Gasometers ist der beste Denkmalschutz.

Tag des offenen Denkmals
100 Jahre steht der Schöneberger Gasometer nun schon auf der „Roten Insel“ und soll am Tag des offenen Denkmals 2010, 11. und 12. September, ausgerechnet für Denkmalschutz werben.
„Rund um den Gasometer“ informiert die Bürgerinitiative www.bi-gasometer.de und läßt ihre Führungen an der sog. Nordspitze, Cherusker/Roßbachstr., Sa/So jeweils um 12, 14 und 16 Uhr beginnen.
Das gesamte Gaswerkgelände wird dann von 10-18 Uhr geöffnet sein und bietet in der Eventkuppel im Gasometer eine Ausstellung zu seiner 100-jährigen Geschichte, in der Schmiede eine zu den zukünftigen Plänen auf dem Gelände und zudem gibt es Führungen jeweils um 11, 13, 15 und 17 Uhr, Start ist am Eingang des Gasometers.

Christiane Rodewaldt

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