Renate Birkenstock

Mit Siebzehn wollte ich Schriftstellerin werden. Am späten Vormittag hätte ich im seidenen Bademantel die Milchflaschen vor meiner Haustüre hereingeholt und mich nach opulentem Frühstück und ausgiebiger Lektüre der Tagespresse mit wichtigem Gesichtsausdruck an die altertümliche Schreibmaschine begeben um - nach kurzem Nachdenken über das Leben - die Menschheit mit verblüffenden Erkenntnissen zu erschüttern.

Es kam anders. Ich landete dort, wovor meine Mutter mich immer gewarnt hatte: In der Werbung. Und nun, nach fast 40 Jahren als Anzeigenleiterin in einem großen wissenschaftlichen Verlag hatten mir Kollegen und Freunde für meinen bevorstehenden Ruhestand ein riesengroßes schwarzes Loch, in das ich fallen würde, prophezeit. Trost für diesen Fall suchend, wollte ich mich im Nachbarschaftsheim Schöneberg schon mal vorsichtshalber für eine Gesprächsgruppe für "Neu- und Baldruheständler" anmelden. Aber der Anschluss war immer besetzt. So blätterte ich in der Broschüre und fand den Aufruf nach ehrenamtlichen Redakteuren der Stadtteilzeitung. Sie ahnen es? Dieser Anschluss war frei!

Ehe ich mich versah, hatte ich meinen ersten "Auftrag". Die Grünanlage Cosimaplatz in der April-Ausgabe. Künftig werde ich die Rubriken "Ehrenamt" und "BVV" übernehmen. Und wenn es meine Zeit erlaubt, noch das eine oder andere Thema. Ich habe tolle neue Kollegen kennen gelernt und darf über interessante Menschen schreiben. Es fasziniert mich, über unterschiedlichste Themen zu recherchieren, mein Gesichtsfeld zu erweitern und die Leser zu motivieren, sich auch für eine gute Sache zu engagieren. Das große schwarze Loch habe ich übrigens noch nicht gefunden. 

.

zurück