Was passiert mit dem Schloßstraßen-Kiez?

Eine der größten Baustellen Berlins für den Boulevard Berlin hinter dem ehemaligen Wertheim-Kaufhaus. Foto: Thomas Protz

Shoppen ohne Ende

Der „Boulevard Berlin“ - ein neues Shopping-Paradies auf der Schloßstraße - ist gerade im Entstehen. Seit April 2009 wird dafür das Wertheimgebäude abgerissen und umgebaut. Nur die Originalfassade aus den 50er Jahren bleibt erhalten, im Innern sollen sich Läden einmieten.

Der zukünftige „Boulevard Berlin“ umfasst jedoch nicht nur das erneuerte Wertheimgebäude, sondern auch das jetzige Karstadtgebäude. Karstadt bleibt jedoch als Kaufhaus bestehen. Die Treitschkestraße, die dazwischen liegt, bleibt für den Verkehr gesperrt und wird Bestandteil des neuen Einkaufszentrums. Als überdachte Promenade dient sie dann als Verbindung zwischen beiden Gebäudekomplexen. Auch Gastronomie soll die Kunden anlocken. Restaurants und Imbissstände werden sich bis zum Park ausdehnen. Die Zufahrt und das Parkhaus für den Boulevard Berlin werden an der Schildhornstraße sein.

Wer zur Zeit an der großen Bau-stelle vorbeigeht, sieht schon jetzt, dass der ehemalige Park hinter Wertheim nicht mehr existiert bzw. durch eine Straße halbiert wurde. Die Straße soll zwar wieder verschwinden, doch bleibt der Park „verschlankt“. Das jetzige Parkhaus von Karstadt wird später abgerissen und das Gelände wird zu einem sogenannten Pocket Park umfunktioniert, sozusagen als Ausgleich für die fehlende Hälfte des ursprünglichen Parks.

Der verkleinerte Park hat 2009 einen Namen bekommen, er wurde Harry-Breslau-Park getauft. Eine Gedenktafel im Park informiert über die Person Harry Breslaus - einem Gegenspieler von General Treitschke. Dieser ist wegen seines antisemitischen Denkens schon lange sehr umstritten. Man kann nur hoffen, dass in diesem Zuge der Name Treitschke als Namensgeber völlig verschwindet.

Der ursprüngliche Park war eine der wenigen größeren Grünflächen im Areal und für die Anwohner ein wichtiger Treffpunkt. Dort wurde Boule gespielt, gejoggt, man sonnte sich auf dem Rasen oder auf einer Bank, die Kinder haben gespielt oder es wurde einfach nur der Hund ausgeführt. Eine grüne Oase mitten in der Stadt. Doch wie wird das Leben im umgestalteten Harry- Breslau-Park sein ?

Wohnen in der Nähe der Schloßstraße,  das bedeutet seit Jahren Baulärm, Bauarbeiten und Dreck ! Eine kurze Rückblende führt uns sämtliche Veränderungen nochmals vor Augen: Hertie wurde abgerissen und das Schloßstraßen-Center erbaut, das Forum Steglitz wurde renoviert, das Einkaufszentrum "Das Schloss" entstand. Dann wurde Karstadt abgerissen, danach Woolworth. Karstadt wurde neu erbaut und auf dem Gelände des ehemaligen Woolworth entsteht gerade ein modernes Geschäftsgebäude mit Läden und Praxisräumen.


Viel ist nicht übriggeblieben vom Harry-Breslau-Park. Foto: Thomas Protz

Seit 2009 werden nach und nach die Gehwege auf der Schloßstrasse verbreitert und die Fahrbahn wird auf eine Spur verengt, um besser flanieren zu können. Immerhin soll endlich! der langersehnte Fahrradweg entstehen. Doch deuten sich schon jetzt kleinere Staus an.
Doch was bleibt den Anwohnern? Wir wollen nicht nur shoppen, wir wollen leben! Bringen die vielen neuen Geschäfte mehr Lebensqualität? Was ist denn zum Beispiel nach Ladenschluss auf der Schloßstraße los? Die Straße ist wie leergefegt. Reklame und dunkle Schaufenster. Nur die Fastfood Filialen und das Kino sorgen für etwas Belebung. Auch am Sonntag wirkt die Straße wie eine Betonwüste. Wo bleiben die Individualität und der Charme der Einkaufsstraße und der Läden ? Kleinere Läden und nette Cafés finden die Anwohner nur noch in den Nebenstraßen. Außerdem stellt sich natürlich auch die Frage nach den Käufern. Der Investor des Boulevard Berlin hofft auf die Kaufkraft aus Zehlendorf und Grunewald. Läuft man durch die aktuellen Einkaufsparadiese am Walther-Schreiber-Platz, so wirken diese oft relativ leer. So wechseln zum Beispiel  im SSC die Läden häufig, MäcGeiz ist nach meiner Beobachtung der einzige Laden, der expandiert hat. Zur Zeit dienen leerstehende Ladenflächen als Ausstellungsraum für Künstler, eine gute Übergangslösung. Auch Karstadt ist nicht immer gut besucht, was für den Käufer jedoch angenehm sein kann. Bisher scheint die Kaufkraft also noch nicht so recht angekommen zu sein. Sehen wir uns auf der Schloßstraße um, so erblicken wir den Bierpinsel und den Kreisel - Denkmäler verfehlter Stadtplanung und falscher politischer Entscheidungen ... Mal sehen wie es weitergeht ... mit den Baustellen auf der Schloßstraße.

Christine Sugg.

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Mai 2010  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis