Zustand von Parks und Grünflächen im Bezirk
Die Redaktion will es wissen!


Nelly-Sachs-Park, Foto: Holger Schnaars

Die Klagen der Anwohner des Cosimaplatzes im Friedenauer Wagnerviertel (siehe Stadtteilzeitung April 2007) haben die Redaktion aufgeschreckt und mich veranlasst, im Kiez einige Grünanlagen zu inspizieren, zusammen mit meiner Tochter, der Landschaftsgärtnerin. Wir finden Runter- und Zusammenschnitt von Büschen und Bäumen, manches sieht arg zerrupft aus oder auch sehr durchsichtig. Ich frage mich, ob das üppige Grün wirklich derartig brutal runtergeschnitten werden muss, so dass man die Fülle immer nur relativ kurz genießen kann. (Mir fallen die Köpfe der Bauernjungs meiner Kindheit ein: die Haare sozusagen auf Vorrat bis auf die Kopfhaut runtergesenst, und wenn's endlich anfing zu wachsen und wieder besser auszusehen, kam der nächste Kahlschlag...) Meine Tochter schlägt die Hände über dem Kopf zusammen: man könne auch Laien in 6wöchigen Crashkursen ein halbwegs fachgerechtes Beschneiden beibringen, damit nicht jeder drauflos säbele.

Wir fanden aber auch richtig Schlimmes: neben dem schon erwähnten Cosimaplatz z.B. den Friedrich-Wilhelm-Platz, der nach Entfernung von Bänken und einem geschützten Heckenplatz nun noch unwirtlicher ist als vorher, den Kleistpark mit Absperrungen und auf halber Höhe abgesägten Eibenbäumen, und vor allem: den Nelly-Sachs-Park, dieses Kleinod im Schöneberger Norden, über den wir uns erst kürzlich (Nr. 36, Nov. 2006) so begeistert geäußert hatten. Was ist los? Die Redaktion will es genauer wissen, Thomas Protz und Sigrid Wiegand verabreden sich mit Bezirksstadtrat (Abt. Bürgerdienste, Ordnungsaufgaben, Natur und Umwelt) Oliver Schworck (SPD).

Er empfängt uns an seinem Amtssitz im Rathaus Schöneberg. Wir fragen erst einmal generell nach der Pflege von Parks und Plätzen im Bezirk. Keine ausreichenden Mittel mehr für optimale Pflegemaßnahmen, sagt der Bezirksstadtrat, auch die dringendsten Aufgaben können nur noch mit Hilfe aller, also auch der Bürger, bewältigt werden. Wie das aussehe? Hauptsächlich an Säuberungsaktionen sei gedacht, aber auch an Bürgerengagement im Pflegebereich mit genau deklarierten Aufgabengebieten, festgehalten in Vereinbarungen, die eingehalten werden müssen, damit alles fachgerecht geschehe - dem können wir nur zustimmen (s.o.) Der Zuspruch sei noch gering. Ob das wohl an der mangelnden Kommunikation zwischen Bezirksamt und Bürgern liege? Die Anwohner des Cosimaplatzes haben darüber geklagt, nicht über die Maßnahmen in ihrer Anlage informiert worden zu sein, und auch die Baupläne im Nelly-Sachs-Park wurden erst nach massiven Bürgerprotesten bekannt gegeben: keine Bürgerversammlung, keine Informationstafeln im Park zu Beginn der Bauarbeiten, die das Projekt des Radwanderweges mit nachfolgender Wiederherstellung des z.Zt. zerstörten Parkteils vorgestellt und Unterschriftensammlung und böse Briefe überflüssig gemacht hätten. Oliver Schworck erklärt, dass nicht alle Bürger über jede einzelne Maßnahme benachrichtigt werden könnten und sagt einen nachträglichen Ortstermin mit Pressegespräch zu. Er hofft, dass die Bauarbeiten bis zu den Sommerferien beendet sein werden (wir werden berichten).
Auch gegen die Arbeiten im Kleistpark gibt es massive Proteste, Anwohner klagen u.a. über die Zerstörung eines lieb gewordenen Anblicks. Wir erfahren, dass dort die Wiederherstellung des historischen Zustandes von 1945 angestrebt wird, bei dem es sich um ein Gartendenkmal handelt. Und beim Friedrich-Wilhelm-Platz ginge es um eine Maßnahme, die der Transparenz diene. Anwohner hätten sich über Schmutzanhäufungen hinter den Hecken und über zwielichtige Besucher des Platzes beschwert. (s. Artikel von Annetta Mansfeld)

Politiker haben auf alles eine Antwort, müssen Wünsche und Bedenken der unterschiedlichen Lobbyinteressen berücksichtigen bzw. möglichst auf einen gemeinsamen Nenner bringen, abweichende Maßnahmen erklären, so wollen es die demokratischen Regeln. Man kann aber auch aneinander vorbeireden, Verfechtern von Kleintierpopulationen im Unterholz mit Rattenplagen drohen und Freunden lauschiger Heckenplätze mit Kriminalität im Dunkeln. Es kann nicht sein, dass unter dem Motto von "Sauberkeit und Ordnung" Lebensqualität vernichtet wird; an anderen Orten (z.B. am Viktoria-Luise-Platz) bricht trotz Erhalt der üppigen Anlagen auch nicht das Chaos aus!

Proteste von Anwohnern, Bürgerinitiativen und Naturschutzverbänden mögen oft lästig und zeitaufwändig sein, können aber nicht übergangen werden. Per Anordnung von oben her zu handeln, mag einfacher sein, demokratisch ist es nicht. Aber auch die Bürger müssen sich für ihre Interessen einsetzen (am Cosimaplatz wird z.B., so hörten wir, über eine Wiederaufforstung der zerstörten Hecke verhandelt!) auf dass die Maßnahmen des Bezirksamtes zukünftig so transparent werden wie ihre Heckenschnitte.

Sigrid Wiegand

Weitere Informationen auf der Seite der Initiative Gleisdreieck

Die IG Nelly-Sachs-Park lädt ein zur Podiumsdiskussion:
am --> Mittwoch, dem 16.05.2007
um --> 19.00 bis ca. 21.30 Uhr
im --> Gemeindesaal der Evang. Luther-Kirchengemeinde, Bülowstr. 74, 10783 Berlin
Auf dem Podium: VertreterInnen des ADFC, der BI Nelly-Sachs-Park, des BUND Berlin e. V., des FUSS e. V. und der Parkgenossenschaft Gleisdreieck e. G. i. G.
Die angekündigte Podiumsdiskussion ist von der IG Nelly-Sachs-Park abgesagt worden. Die Initiative dazu: "
Bei der Planung des Termins ist es dem für die Vorbereitung der Podiumsdiskussion verantwortlichen Mitglied der IG Nelly-Sachs-Park leider nicht aufgefallen, dass an diesem Tag ebenfalls die Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) des Bezirks Tempelhof-Schöneberg stattfindet.
Da uns das Interesse an einer Teilnahme aus allen Fraktionen des Bezirks heraus signalisiert wurde und wir großes Interesse daran haben, in einen Dialog mit möglichst allen gesellschaftlichen Gruppen und auch Einzelpersonen zu kommen, sehen wir uns zur Absage dieses Termins gezwungen.
Zu unserer Einladung zu einer Podiumsdiskussion vom 17.04.07 erreichte uns am 09.05.2007 ein Schreiben des Herrn Bezirksstadtrats Schworck, in dem auch er uns auf diesen Temin aufmerksam machte und seinem Interesse an einem "Runden Tisch" Ausdruck verlieh.
Wir bedauern sehr, dass es Herrn Schworck nicht zu einem früheren Zeitpunkt möglich war, auf unsere Schreiben zu reagieren, greifen seinen Vorschlag aber gern auf und hoffen, Ihnen kurzfristig einen zeitnahen Ersatztermin nennen zu können."

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Mai 2007  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis